Sonntag, 28. Januar 2007

Warum das Leiden?

Eine Meditation über das Leiden, das Weh, die Not, die Tränen, den Jammer, das Elend ist bitter notwendig. Wir leben hier - das vergessen die meisten heute - im "Jammertal", im "Tal der Tränen", im "Exil", in "der Verbannung", in "der Wüste", nicht im "Gelobten Land", nicht im Land, "wo Milch und Honig fließt", nein, alles was uns umgibt ist uns feindlich, stellt uns nach, will uns zu Fall bringen, uns verderben, morden, vernichten. Dies freilich im geistigen, übernatürlichen Sinne. Und da fragen wir uns: wozu all dies? Wozu die Krankheiten, die Unfälle, die Katastrophen, der Hunger, die Epidemien, die Ungerechtigkeiten, Greueltaten, die Verbrechen, und wozu überhaupt der Tod? Und noch viel mehr: Wozu die Sünden, das Böse, das Satanische, das EWIGE VERDERBEN, die EWIGE VERDAMMNIS? Warum, wozu , wofür?

Die Antwort darauf lautet:
Weil es Gott gibt, weil Gott IST, weil Gott DIE LIEBE ist, weil Er die GERECHTIGKEIT ist, weil Er die BARMHERZIGKEIT ist, weil Gott die REINHEIT, die UNBEFLECKTHEIT ist, usw. Die Liebe kann nur Liebe schenken, wo sie wieder Liebe erhält. Wenigstens wieder Liebe erhoffen, erwarten kann. Gott wollte uns FREI, damit wir Ihn FREI lieben. Im gefallenen Zustand, in dem wir uns aber seit Adams und Evas Sündenfall befinden, ist es uns einfach nicht möglich, Gott so zu lieben, wie wir es bei gutem Willen möchten und wie Er es verdienen würde, solange wir nicht etwas ganz Bestimmtes zuhilfe nehmen können: das LEIDEN! Lieben und Leiden müssen sozusagen eine Ehe eingehen, damit aus den beiden das wieder entsteht, was wir durch die Erbschuld verloren haben. Die Taufe tilgt sakramental das uns von Gott Trennende und setzt uns wieder in die Kindschaft Gottes ein, wir bleiben aber mit allen Schwächen behaftet, so auch mit der Unfähigkeit, Gott so zu lieben, wie wir es möchten und wie Er es verdienen, wie es Ihm gebühren würde. Könnten wir in diesem gefallenen, geschwächten, havarierten Zustand nicht leiden, keinen Schmerz empfinden, kein Weh, keine Tränen, keine Not, keinen Mangel, dann wäre es sehr schlecht um uns bestellt, dann wären wir die Unglücklichsten! O Gott, was hast Du in Deiner unendlichen Weisheit getan? Was hat uns Deine heiligste Vorsehung bereitet? Die LEIDENSFÄHIGKEIT, ja, und die LEIDENSGELEGENHEIT! Wie wunderbar sind Deine Wege, Herr, wie abgrundtief Dein Sinn. Danken wir Gott auf den Knien, im Staube der Erde unser Antlitz versenkt, daß es auf unserem Lebensweg, auf unserer WÜSTENWANDERUNG so viel Leiden, so viel Elend und Not gibt! Nur wenn wir das Leiden mit beiden Armen umfangen wie etwas Willkommenes, Gewünschtes, Ersehntes, dann sind wir fähig, Gott so zu lieben, wie wir es selber wünschen, wie Er es Sich ersehnt, wie es uns einzig und allein befriedigen, unser ruhloses Herz befrieden kann. Durchgehen wir all die Leben der Heiligen. Was fällt uns da sofort auf? Es ist die unbändige Liebe, Sehnsucht, das Verlangen nach dem Leiden, dem Schmerz, dem Opfer, der Abtötung. Ja, nichts anderes als die Schmerzen, die wir gottergeben, ja liebevoll angenommen und durchlitten haben, vermag uns die Gewißheit zu verschaffen, daß wir nicht von Gott verstoßen sind. Unsere Liebe, was wäre sie, wenn sie in Daunen gebettet bliebe?
Was hat GOTT denn getan, um uns zu lieben? "So sehr hat Gott die Welt geliebt, daß Er Seinen Eingeborenen dahingab... bis zum Tode am Kreuz"! Auch die inkarnierte Liebe Gottes wußte keine höhere Liebe uns armen Menschen gegenüber als die LEIDENS-LIEBE, die GEKREUZIGTE LIEBE! Er, Gott, hat kein besseres Mittel, keinen besseren Weg gefunden, uns zu erlösen, wirksam zu erlösen, als die SCHMERZVOLLE LIEBE und den LIEBEVOLLEN SCHMERZ! Gott, mein Gott, schick mir lieber tausend qualvolle Leiden als immer nur Gesundheit, als immer nur Erfolg und Glück. Ich müßte um mein ewiges Heil bangen, wenn nie Deine Zuchtrute und nie Deine Liebeslanze mich verwundete. Mit dem heiligen Ignatius von Antiochien möchte ich ausrufen: "Feuer und Kreuz und Rudel von wilden Tieren, Zerschneidung, Zerteilung, Zerstreuung von Knochen, Zerhauung von Gliedern, Zermahlung des ganzen Körpers, üble Plagen des Teufels sollen über mich kommen, nur daß ich zu Jesus Christus gelange. Nichts können mir die Enden der Welt nützen, noch die Königreiche dieser Weltzeit. Es ist besser für mich, auf Christus Jesus hin zu sterben, als König zu sein über die Enden der Erde. Ihn nur suche ich, den für uns Gestorbenen; ihn nur will ich, den um unsertwillen Auferstandenen. Die Wehen sind mir auferlegt!" (An die Kirche der Römer)
Der hl. Pfarrer von Ars sagt so schön: "Wir beklagen uns, wenn wir leiden; wir hätten weit mehr Ursache, uns zu beklagen, wenn wir nicht leiden, denn nichts macht uns unserem Erlöser so ähnlich, wie die Leiden und das Kreuz. O schöne Vereinigung der Seele mit Jesus Christus, ihrem Herrn! Das Kreuz fliehen, heißt dies nicht, Denjenigen fliehen, der an dasselbe angeheftet worden ist und für uns daran sterben wollte? Die Widersprüche führen uns an den Fuß des Kreuzes, und das Kreuz führt uns in den Himmel." Und mit dem hl. Petrus Chrysologus schließe ich: "Frohlocke, meine Seele, denn die Trübsal, die du leidest, ist augenblicklich, die Glorie aber, die dich erwartet, ist ewig!" SURSUM CORDA!

Dazu (in französischer Sprache) diese Texte.

Turza in Oberschlesien, das polnische Fatima

Nach einem Bericht von Frau Anna Knoppik aus Zabrze/Hindenburg

Wenn man von Gleiwitz aus in südlicher Richtung über Rybnik zur tschechischen Grenze fährt, kommt man, etwa 7 km hinter Wodzislaw, zu der Ortschaft Turza. Neben Tschenstochau ist Turza der größte Wallfahrtsort in Polen, dieses allerdings erst nach dem letzten Krieg. Während des Krieges war Turza nur ein kleiner bäuerlich geprägter Ort mit einer kleinen Kapelle. Die Gemeinde wurde von einem Priester aus der Nachbarschaft betreut.
Bei dem Vormarsch der Russen 1945 wurde das Gebiet von Turza zu einem blutigen Schlachtfeld und einem großen Totenacker. Auf dem Gebiet in und um Turza, auf etwa einem Quadratkilometer, wurden an die 30'000 Gefallene registriert: Russen und Deutsche, Polen und Tschechen. Während der schrecklichen Kämpfe wurde immer wieder eine "weiße Frau" gesehen, die sich über die Sterbenden beugte und ihnen beistand. Unter den kämpfenden Soldaten waren zwei junge Abiturienten, die sehr miteinander befreundet waren. Als der eine von ihnen nicht zurückkam, machte sich der andere am Abend auf den Weg, um seinen Freund zu suchen. Er versuchte, ihn unter den vielen Toten zu entdecken. Da kam die "weiße Frau" und sagte zu ihm: "Suche nicht weiter! Er, den du suchst, ist schon bei mir."Als die Dorfbewohner am Ende des Krieges aus ihren Erdhöhlen und aus den Wäldern zurückkehrten, standen sie buchstäblich vor dem Nichts. Der Ort war vollständig zerstört. Der Priester Ewald Kasperczyk nahm sich der Verlassenen an. Man beriet jetzt, was zu tun sei. Die Leute meinten, man müßte hier auf diesem Schlachtfeld, wo so viele Soldaten ihr Leben lassen mußten und der ganze Boden mit Blut getränkt sei, ein großes Denkmal errichten. Man hatte auch verschiedene Vorschläge zur Hand. Der Pfarrer meinte dazu, wenn man eine Kirche errichten würde, so sei dies das schönste und beste Denkmal. Dann könnte man auch in dieser Kirche für die vielen Gefallenen und für den Frieden beten. Es war am 13. Mai 1946, als man den Entschluß faßte. Der Pfarrer sagte den Leuten, wenn wir am 13. Juni 1946 hundert Steine beisammen haben, fangen wir an zu bauen. - Als der 13. Juni 1946 kam, lagen 200 Steine sauber aufgeschichtet mitten in der zerstörten Ortschaft, dort, wo man die Kirche bauen wollte.
Als der Priester das gesehen hatte, ging er nachdenklich die 7 km zu seinem Wohnort zurück. Er betete und wandte sich an die Mutter Gottes: "Nun muß ich die Kirche wohl bauen, doch bei den vielen Toten, die hier gefallen sind, muß es schon eine große und würdige Kirche sein. Wie soll ich das anfangen? Wir brauchen einen Architekten, der uns die Baupläne fertigstellt, und vor allem wir brauchen Geld, viel Geld, denn die Leute selber haben nichts. Sie haben alles verloren und leben in den Trümmern." Wie er so betete und nachdachte, kam ihm ein Mann auf einem neuen Fahrrad entgegen. Der Pfarrer wunderte sich sehr, wo dieser das neue Fahrrad her hatte. Er hielt bei ihm an und sagte: "Herr Pfarrer, Sie haben Sorgen?" Und er übergab ihm ein Paket. Als der Pfarrer das Paket öffnete, befanden sich darin 100'000 Zloty, zur damaligen Zeit eine gewaltige Summe. So fingen die Leute an, die Kirche zu bauen, noch bevor sie ihre eigenen Häuser aufbauten. Unter den Heimkehrern wurde ein Architekt gefunden, der die Baupläne fertigstellte, und bis zum Herbst 1947 war eine große und schöne Kirche im Rohbau fertiggestellt, die dann später bei der Einweihung auf den Titel der Madonna von Fatima konsekriert wurde. 10 Jahre später schon wurde dieser Kirche von Rom aus der Titel "Sanktuarium 1. Klasse" verliehen.
Zu der Zeit damals, als sich 1946 diese Dinge in Turza abspielten, hielten sich einige versprengte Soldaten aus Turza im Bayerischen Wald auf. Sie gingen zu Resl Neumann nach Konnersreuth und fragten sie, ob sie in ihre Heimat zurückkehren sollten, obwohl dort die Russen seien. Resl antwortete ihnen: "Geht in euere Heimat. Die Mutter Gottes wartet auf euch. Euer Pfarrer baut eine Kirche, helft ihm dabei!" Und sie gab den Soldaten ihre eigene kleine Fatima-Madonna mit auf den Weg. Die Soldaten kamen glücklich in Turza an und die Fatima-Madonna wurde mit großer Freude in Empfang genommen. Sie steht jetzt über dem Portal der Kirche.
Im Jahre 1951-52 wollte man nun für diese große Wallfahrtskirche endgültig eine große Fatima-Madonna vorne im Chor aufstellen. Man nahm Verbindung auf mit Fatima, und von dort wurde nun eine lebensgroße Statue geschickt. Man stellte dieser Fatima-Madonna sogar einen Paß aus wie für eine lebende Person. An der tschechischen Grenze wurd sie jedoch abgewiesen und man mußte umkehren. Nun suchte man eine andere Möglichkeit. Die Madonna wurde auf einem Schiff verladen und reiste nun durch die Nord- und Ostsee nach Szczecin / Stettin. Auf die Nachricht, daß die Madonna dort eingetroffen sei, kamen Tausende von Menschen, Bischöfe und Priester ihr entgegengezogen. Die Oder wurde zu einer großartigen Schiffsprozession, und feierlich wurde die Madonna nach Turza geleitet. Dort blühte die Wallfahrt nun gewaltig auf. Es war besonders das segensreiche Wiken des Priesters Ewald Kasperczyk, der Turza überall in Polen bekannt werden ließ. Dieser hochbegnadete Priester führte dort die sakramentale Krankensegnung ein. Bei der Segnung ging er mit dem Allerheiligsten zu jedem Kranken, berührte mit der Monstranz dessen Stirne und fragte ihn: "Glaubst du?" Erst wenn diese Frage beantwortet war, bekam der Kranke den Segen. Es wird von unzähligen Heilungen berichtet, die dort geschehen sind. So stieg die Zahl der Wallfahrer nach Turza gewaltig an. Viele kommen jetzt noch zu Fuß und fasten bei Wasser und Brot. Manche sind 14 Tage und noch länger unterwegs und opfern dafür ihren Urlaub.
Dieser Krankensegen wird nun von Mai bis September an einem jeden Sonntag erteilt. Jeder 13. Monatstag ist als Fatimatag der Hauptwallfahrtstag. Seit 1954 übernahm Turza auch die vier Tränentage zu Ehren der weinenden Madonna von Syrakus. So wird jetzt noch vom 29. zum 30. jeweils eine Sühnenacht gehalten, an der oft bis zu 5'000 hl. Kommunionen ausgeteilt werden.

Pfarrer Ewald Kasperczyk ist am 16.11.1980 im Alter von 66 Jahren gestorben, tief betrauert von seiner Gemeinde und von den Wallfahrern. Durch ihn hat Fatima in Polen Heimatrecht erworben. In Turza wurde ein mächtiges Bollwerk des Gebetes errichtet zum Segen für das polnische Volk und für Europa.

Zu Turza (Slaska) siehe auch diese polnische Internetseite und diese wichtige Linkseite bezüglich Wallfahrtsorten.

Wir bitten Leser, die im Besitze von Fotos, Ansichtskarten wäre, uns solche einzusenden!

Samstag, 27. Januar 2007

Strafgerichte Gottes über Bischöfe, die heftige Gegner von La Salette waren

Der Pariser Erzbischof Darbois ließ am 4. Dezember 1868 den Maximin (eines der beiden Seherkinder von La Salette) in seine Residenz rufen, um dessen "Geheimnis" zu erfahren. Maximin aber blieb standhaft. Er ließ nicht die geringste Andeutung durchschlüpfen. Da erzürnte der Erzbischof und machte die Worte der "schönen Frau" lächerlich: "Dumm war ihr Gerede, und recht dumm muß auch ihr Geheimnis sein." Maximin empörte sich über diese Ausdrucksweise des Erzbischofs und sprach mit tiefem Ernst und bedeutungsvoll: "Daß die heilige Jungfrau mir auf La Salette erschienen ist und zu mir gesprochen hat, ist ebenso wahr wie es wahr ist, daß Sie in drei Jahren vom Gesindel werden erschossen werden." Und so geschah es 1871. Der Erzbischof wurde am 4. April von der Pariser Kommune verhaftet und in das Gefängnis Mazat gebracht. Am 22. Mai wurde er von dort ins Gefängnis Grand Roquette gebracht, wo die zum Tode Verurteilten untergebracht waren bis zu ihrer Hinrichtung. Am 24. Mai führte man den Erzbischof unter Schimpfreden, Spott und Hohngelächter in den Gefängnishof, wo er von einer Abteilung Soldaten niedergeschossen wurde. Er fiel erst nach der zweiten Salve. Sein Leichnam, schreibt Prof. Konzionator, wurde in viehischer Weise verstümmelt, auf einen Karren geworfen und am Friedhof Père la Chaise mit anderen Hingerichteten in eine Grube geworfen. Bemerkenswert ist folgendes: Als der Erzbischof schon eingekerkert war, und als man ihm seine Befreiung durch Helfershelfer in Aussicht stellte, soll er erklärt haben: "Es ist alles vergeblich, ich werde erschossen werden. Maximin hat mir das schon vor drei Jahen prophezeit." Auf dem Wege zur Hinrichtung sprach der Erzbischof zu seinem Generalvikar Petit: "Erinnern Sie sich der Weissagung Maximins?" Auffallend ist auch, daß Priester und Bischöfe, die heftige Gegner von La Salete waren, in ihrem späteren Leben vom Schicksal bitter heimgesucht und gedemütigt wurden. In den Berichten wird ein Priester erwähnt, der an Msgr. Ernest Rigaud, den unerschrockenen Verteidiger von La Salette, schrieb. "Sie sind verrückt." Ein halbes Jahr später kam er ins Irrenhaus - nicht der "verrückte" Verteidiger, sondern der Priester. Ein Bischof, der an Msgr. Rigaud schrieb und ihn ebenfalls einen Verrückten nannte, wurde später gleichfalls wahnsinnig. Einem anderen Bischof, der die Andacht zur Muttergottes von La Salette in seiner Diözese zu verhindern suchte, faulte der Fuß ab, und er starb an dieser Krankheit.
Großes Aufsehen erregte seinerzeit auch die Todesart des Bischofs Fava von Grenoble. Seinen Bemühungen war es "gelungen", die Mélanie (das andere Seherkind von La Salette) aus Frankreich zu vertreiben, wodurch sie an der Erfüllung ihres von der Muttergottes übertragenen Berufes, nämlich die Erscheinung bekannt zu machen, gehindert wurde. Den Wunsch des Papstes vom 3. Dezember 1878, Bischof Fava möge allen Mönchen und Nonnen, die auf dem heiligen Berge von La Salette tätig waren, einen ihm vom Papste übersandten Orden umhängen, erfüllte der Bischof nicht. Eines Morgens fand man ihn tot auf dem Fußboden liegen, er lag dort ganz entkleidet mit verdrehten Armen und geballten Fäusten, sein wilder Blick ließ vermuten, als habe er im Tode etwas Abscheuliches gesehen. -- Bemerkenswert ist es, was Mélanie im Jahre 1878 diesem Bischof Fava antwortete, als er in ihrer Gegenwart erklärte, er werde eine neue Statue der Muttergottes von La Salette anfertigen lassen, da er die bisherige Darstellung für unschön finde. Darauf entgegnete ihm Mélanie: "Dann schreiben Sie aber auch in großen Buchstaben am Fuße Ihrer Statue: Muttergottes von der Erscheinung des Bischofs Fava!"
Ein Gegner von La Salette war auch der Vorgänger des Fava auf dem Bischofsstuhl von Grenoble, Msgr. Ginoulhiac, der es Napoleon III. zuliebe zuwege brachte, daß Mélanie in ein Kloster in England eintrat, wodurch sie aber an der ihr von der Muttergottes übertragenen Mission behindert war. (Sie mußte dann auf Befehl des Papstes Pius IX. aus dem Kloster in England freigelassen werden.) Bischof Ginoulhiac wurde kurze Zeit darauf geisteskrank und starb. Im Irrenhaus spielte er ständig mit Puppen, wie es kleine Mädchen zu tun pflegen. Ein gotterbärmlicher Anblick.
Zu den Gegnern von La Salette gehörte auch Msgr. Guilbert, der Bischof von Gap, in der Nähe von La Salette. Er wurde später Bischof von Amiens und Erzbischof von Bordeaux. Als Bischof von Amiens sagte er 1882 über La Salette: "Das Geheimnis von La Salette ist nichts anderes als ein Gewebe von Irreligiosität, Lüge und Übertreibung." In seinen Ansprachen an die Seminaristen von Amiens sagte er manchmal über La Salette: "Ich glaube nicht an jene Dummheiten." Als er es zum Erzbischof von Bordeaux gebracht hatte und Kardinal geworden war, reiste Guilbert einige Tage vor der Barettaufsetzung zu seinem Nachfolger, Msgr. Berthet, nach Gap. Dieser nahm ihn in seine Residenz auf. Am Morgen des 16. August 1889 fand man den Erzbischof ausgestreckt und tot am Boden liegen. Man bemerkte, daß er sich mühsam an verschiedenen Möbelstücken anklammernd bis zur Stelle geschleppt haben mußte, wo er nun lag. Seine Leiche wurde nach Bordeaux übergeführt. Bei dem feierlichen Trauergottesdienst stürzte der Sarg mit einem unbeschreiblichen Getöse von dem errichteten Katafalk auf die Steinplatten des Fußbodens und erfüllte das anwesende Publikum mit Schreck und Grauen. Wahrscheinlich hat niemand daran gedacht, daß dieses peinliche Ereignis bei der Trauerfeier des Erzbischofs mit seiner Feindschaft gegen La Salette zusammenhängen könnte.

(Prof. Konzionator)

Samstag, 13. Januar 2007

Kolomenskoje - das Fatima von Rußland

Eine einfache Bäuerin

Am 13. Februar 1917 hörte Eudokia Andrianowa, eine Bauersfrau aus dem Dorfe Potschinki, in der Nähe von Moskau, nachts im Traume eine Stimme: «In Kolomenskoje ist eine schwarze lkone. Nehmt sie, reinigt sie, und betet vor ihr!»
Die einfache Bäuerin, der, soweit uns überliefert ist, noch nie übernatürliche Mitteilungen irgendwelcher Art zuteil geworden sind, war ziemlich erschrocken über diesen Auftrag. Da sie nicht wußte, wie sie ihn ausführen sollte (sie konnte doch nicht ganz Kolomenskoje nach einer großen, schwarzen lkone absuchen), bat sie Gott im Gebet, er möge sie erkennen lassen, auf welche Weise die Ikone zu finden sei.
Dreizehn Tage nach dem ersten Erlebnis, am 26. Februar, sieht sie im Traume eine weiße Kirche und in ihr majestätisch eine Frau thronen, von der sie sofort weiß, daß es die Mutter Gottes ist, obgleich sie das Gesicht der Frau nicht erkennen kann und ihr auch nichts gesagt wird.
Eudokia Andrianowa entschließt sich nun, hinüber nach dem Dorfe Kolomenskoje zu gehen und dem Pfarrer der dortigen Kirche (Vater Nikolaus Lichatschew) die ganze Angelegenheit vorzutragen. Es ist der 2. März. Nach abgelegter Beichte und empfangenem hl. Abendmahl begibt sie sich auf den Weg nach Kolomenskoje, wo sie am Nachmittag ankommt. Vater Nikolaus hört sich Ihren Bericht an, und da sie ihn um Rat bittet, was sie nun machen soll, nimmt er sie schweigend bei der Hand und führt sie in die Kirche. Er zeigt ihr alle Ikonen und fragt sie bei jeder: «Ist es die, die du gesehen hast?» - «Nein, Väterchen, eine solche war es nicht», ist jedesmal die Antwort der Bäuerin. Nachdem sie alle Ikonen betrachtet und keine gefunden haben, die der im Traum geschauten auch nur annähernd gleicht, will Eudokia Andrianowa wieder gehen. «Nein, bleibe noch einen Augenblick», sagte da Vater Nikolaus plötzlich, «vielleicht... mir fällt da etwas ein ... ». Und er bittet den Kirchendiener und einen Mann, der gerade gekommen ist, ihn zu einem Versehgang zu holen, doch in das unterirdische Kirchengewölbe hinabzusteigen und die größte Ikone, die sie dort finden, heraufzubringen. Die Männer kehren zurück und bringen ein großes Bild, auf dem außer einer dicken Schmutz- und Staubschicht fast nichts zu erkennen ist. Vater Nikolaus ordnet an, es ins Pfarrhaus zu tragen und dort zu säubern.

Державная икона Божия Матери«Mein Gott, sie ist es!»

«Hast du diese Ikone im Traum gesehen?», fragt er, auf das nunmehr gereinigte Bild deutend. «Mein Gott», schluchzt Eudokia auf, «sie ist es!» Sie verbeugt sich vor der Ikone dreimal bis zur Erde und küßt sie ehrfürchtig. Die übrigen folgen ihrem Beispiel. Vater Nikolaus zelebriert noch am Abend desselben Tages eine Dankandacht vor der neuerschienenen Ikone.
Diese aber hat folgendes, für byzantinische Kunstüberlieferungen ungewöhnliches Aussehen: Die Gottesgebärerin, in einen Purpurmantel gehüllt, sitzt auf einem byzantinischen Kaiserthron. Auf dem Kopf trägt sie eine Krone, in der rechten Hand ein Zepter, die linke hält einen Reichsapfel (russisch «dershawa»). Auf ihren Knien sitzt segnend und mit der linken Hand auf seine Mutter weisend das göttliche Kind. Der Gesichtsausdruck der «Zarin des Himmels» ist traurig und streng.
Mit ungewöhnlicher Schnelligkeit breitete sich der Kult der neuen Ikone aus. Der ganze Fall wurde von der kirchlichen Behörde untersucht und für glaubwürdig befunden. Mit ausdrücklicher Erlaubnis des Patriarchen (damals der energische und streng antikommunistische Tychon) wurde ein Akathistos zusammengestellt (eine liturgische Andacht, bestehend aus 26 Hymnen, davon 13 mit «Alleluja» und 13 mit «Sei gegrüßt, Mutter Gottes, Du mächtige, Du eifrige Helferin der Christenheit» als Kehrreim), der von nun an als ständiger Lobpreis der «Dershawnaja» gesungen wurde. «Ich muss die Regierung übernehmen!»
Der Name «Dershawnaja» leitet sich her vom Wort «dershawa», die Macht. Das Wort bedeutet auch gleichzeitig Reichsapfel, der ja Symbol der königlichen Macht ist. «Dershawnaja» heißt demnach so viel wie «Mächtige», «Herrscherin», «Regierende». Nach einer mündlichen Überlieferung soll die Gottesmutter bei dem zweiten Traumgesicht der Eudokia zu dieser gesagt haben: «Die Monarchie fällt. Ich muß die Regierung in Rußland übernehmen.» Gleichviel, ob diese Überlieferung den Tatsachen entspricht oder nicht, der Glaube daran, daß die Himmelskönigin nach dem Sturz der Monarchie (und vollends nach der Ermordung des Zaren und Zarewitsch) die regierende Zarin Rußlands sei, war allgemein im gläubigen Volk verbreitet. Dieser Glaube wurde durch die Tatsache verstärkt, daß die Ikone gerade an dem Tag erschienen war, an dem Zar Nikolaus II. seine Abdankungsurkunde unterzeichnet hatte. Die Pilger strömten in hellen Scharen nach Kolomenskoje, um die Dershawnaja um Schutz vor den beginnenden Gottlosigkeiten und Kirchenverfolgungen anzuflehen. Zahlreiche Gebetserhörungen wurden gemeldet. Man trug das Gnadenbild in die umliegenden Dörfer und Städte, in die Klöster, Kirchen, Betriebe und Fabriken Moskaus. Überall flehte man um Hilfe, um Erbarmen, um Erlösung von dem vielen Leid, das die neue Gottlosen-Herrschaft bereits über das Volk gebracht hatte. Viele Klöster und Kirchen und noch mehr Laien ließen sich Kopien des wundertätigen Bildes anfertigen. Der oben erwähnte Akathistos wurde in großer Auflage über ganz Rußland verbreitet. Wörtlich heißt es darin, Gott möge Seinen gerechten Zorn, mit dem Er Rußland heimsuche, doch zu Erbarmen wandeln und alle, besonders aber die Götzendiener des Goldenen Kalbes, zum Licht Seiner Erkenntnis führen. «Demütig flehen wir zu Dir, Herrin: besänftige den Schöpfer, damit Er bald Seinen gerechten Zorn in Erbarmen umwandle und sich unser erbarme. Du, der wir Dir zurufen: Sei gegrüßt, Mutter Gottes, Du Mächtige, Du eifrige Helferin des Christenvolkes!»
Es war, als ob Rußland von einem Sturm des Gebetes erfaßt werden sollte. Das merkten aber auch die bolschewistischen Machthaber. Sie begannen, den Kult der neuen Ikone grausam zu verfolgen und verboten ihn schließlich als «konterrevolutionär». Bis zum Tode des Patriarchen Tychon (1925) wurde der Akathistos und die übrigen zu Ehren der «Dershawnaja» neu verfaßten liturgischen Gebete noch in den Kirchen gebetet. Als dann aber später die russische Kirche unter Sergius ihre bekannte Schwenkung nach links machte, ließ sie von ihren Priestern die «Dershawnaja» nicht mehr liturgisch verehren. Auch der Akathistos wurde nicht mehr gedruckt. Nur im geheimen flehten und flehen die Gläubigen vor ihrer «himmlischen Zarin», sie möge ein Ende setzen «diesen Tagen des Leids und der Trübsal». Man muß es einmal erlebt haben, wenn eine Gemeinde auf den Knien liegend den Akathistos zur «Dershawnaja» singt und mit vor Ergriffenheit bebender Stimme folgendes Gebet an die heilige Jungfrau richtet:

«O mächtige Herrin, allerheiligste Gottesgebärerin, die Du in Deinen Armen den hältst, der die ganze Welt erhält, den König des Himmels! Wir danken Dir für Deine unaussprechliche Barmherzigkeit, daß Du uns unwürdigen Sündern diese heilige und wundertätige Ikone hast erscheinen lassen, in diesen bösen und unbarmherzigen Tagen, die wie Sturmwinde über unser Land hereingebrochen sind, in den Tagen unserer Erniedrigung und Bestrafung, in den Tagen der Zerstörung und Entweihung unserer Heiligtümer durch vernunftlose Menschen, die nicht nur im Herzen sondern auch frech mit dem Munde sprechen ‹Es ist kein Gott› und in ihren Taten ihre Gottlosigkeit beweisen. Wir danken Dir, unsere Helferin, daß Du von Deinen heiligen Höhen herabblickst auf die Trübsal und das Leid Deiner Kinder rechten Glaubens, und wie die strahlende Sonne erfreust Du unsere leiderschöpften Augen durch den Anblick Deines Mächtigen Bildes.
O allgebenedeite Mutter Gottes, mächtige und starke Helferin! Wir danken Dir mit Furcht und Zittern, und als unnütze Diener fallen wir ergriffen vor Dir nieder, und in der Zerknirschung unserer Herzen bitten wir Dich unter Tränen und rufen Dir zu: Rette uns, rette uns! Hilf uns, ach hilf uns! Eile, denn wir gehen zugrunde! Siehe, unser Leben hat sich dem Untergang genähert: Wir sind umlagert von der Sünde, Not und bösem Feind. Himmlische Königin! Mit Deinem machtvollen Zepter zerstreue wie Staub und Rauch die gottlosen Anschläge unserer sichtbaren und unsichtbaren Feinde; zerstöre all Ihr maßloses Ansinnen und gebiete ihnen, und als Mutter aller führe sie wieder auf den rechten und gottgefälligen Weg! Pflanze ein in unsere Herzen Gerechtigkeit, Frieden und Freude im Heiligen Geiste. Mache seßhaft In unserem Lande Ruhe, Wohlstand und ungeheuchelte Liebe zueinander. Mit Deiner gewaltigen Macht, Allreine, halte ab die Ströme der Gottlosigkeit, die das russische Land in Ihre schauderhafte Tiefe reißen wollen. Stütze uns Schwache, Kleinmütige und Niedergeschlagene, mache uns stark, richte uns auf und befreie uns: damit wir, von Deiner Macht allzeit geschützt, singen und lobpreisen Deinen allreinen und herrlichen Namen: Jetzt und immerdar und in Ewigkeit.»

Kolomenskoje – Fatima

In Verbindung mit den Erscheinungen von Fatima erschienen uns die Ereignisse in Kolomenskoje gewiß in einem neuen Licht. Wir fragen uns: bestehen da nicht irgendwelche Zusammenhänge? Die eine Erscheinung im äußersten Westen Europas, die andere im fernsten Osten; Fatima und Kolomenskoje, kleine unansehnliche Dörfer; hier drei einfache Bauernkinder, dort eine Bäuerin; hier wie dort die Aufforderung zum Gebet, und bei beiden die geheimnisvolle Zahl 13: in Kolomenskoje die erste Vision der Andrianowa am 13. Februar, die zweite 13 Tage später, am 26. Februar. Selbst wenn man die Daten in den neuen Stil überträgt (die byzantinische Kirche folgte damals noch in ihrer Gesamtheit dem Julianischen Kalender), ändert sich das Bild nicht wesentlich, denn die Differenz zwischen altem und neuem Kalender beträgt ebenfalls 13! Es ergibt sich für die erste Vision wieder eine Dreizehnerzahl, nämlich der 26. Februar. Und in Fatima? Dort waren die Erscheinungen jeweils am 13. der Monate Mai bis Oktober desselben Jahres 1917. Es ist fast, als wollte die Gottesgebärerin, nachdem in Rußland ihre Herrschaft mit aller Macht bekämpft und unterdrückt wurde, nun in Fatima die ganze Welt aufrufen, ihr durch Gebet und Buße diese Herrschaft wieder zu errichten.
«Und auch Rußland wird sich bekehren!» Die Erfüllung dieser Verheißung ist das Ziel unseres Betens und Opferns, unserer Buße und Bekehrung. Rußland soll wieder zu dem werden, als was es sich in alter Zeit benannte: «Haus der allheiligen Gottesgebärerin.» In allen Gotteshäusern soll wieder das Gebet zur Wladimirschen Gottesmutter erklingen: «Wir danken Dir für alle Wohltaten, die Du dem russischen Volk von alters her auf den heutigen Tag durch Deine wundertätigen lkonen erwiesen hast.»

Wolfgang Totzke, Niederaltaich

Freitag, 12. Januar 2007

Athanasius gegen die Welt

I.

Der heilige Athanasius war der große Held des katholischen Glaubens während den arianischen Unruhen des vierten Jahrhunderts. Er war 33 Jahre alt, als er im Jahre 328 mit Beifall des Volkes zum Bischof von Alexandrien gewählt wurde. Es gibt keine Parallele in der ganzen Kirchengeschichte zu dem stürmischen Episkopat, welches in jenem Jahre den Anfang nahm und 45 Jahre dauern sollte.
Schon von allem Anfang seiner Karriere an hatte Athanasius durch seine unnachgiebige Verteidigung des traditionellen Glaubens den Haß der arianischen Partei geerntet. Auf dem großen Konzil von Nizäa war unser Heiliger, obwohl damals nur Diakon, einer der Hauptbefürworter der Verurteilung des Arius durch die Konzilsväter und der feierlichen Erklärung des christlichen Glaubens, Nizänisches Glaubensbekenntnis genannt.
So sah sich Athanasius sieben Jahre nach seiner Weihe, nachdem die Arianer nunmehr den Aufschwung erfahren hatten, und nachdem der Heilige der unbestrittene Mittelpunkt der Rechtgläubigkeit geworden war, von seinem bischöflichen Stuhl verbannt und zu einem deutschen Exil verurteilt. Es war die erste von fünf Verbannungen, eine jede von ihnen durch die kaiserliche Regierung auf arianisches Geheiß verordnet.
Während dieser seiner langen Amtszeit, bald verbannt, bald wieder eingesetzt, sah der hl. Athanasius die Macht der Arianer so zunehmen, daß, wie der hl. Hieronymus es ausdrückte, "die ganze Welt vor Verwunderung seufzte, arianisch geworden zu sein", und daß man von ihm sagen konnte, daß er "Athanasius contra mundum" - "Athanasius gegen die Welt" war!
Und, wohlverstanden, die Streitfrage zwischen Athanasius und der arianischen Welt war nicht eine Haarspalterei der Lehre, nicht ein bloßer Folgesatz irgendeines Dogmas; es war der zentralste, grundlegendste und fundamentalste Kern der christlichen Religion - es ging um die Gottheit unseres Herrn Jesus Christus.
Es war dieser zentrale katholische Glaubensatz, daß Er (Jesus) ebenso wahrer Gott ist wie wahrer Mensch, den der hl. Athanasius fast allein zu verteidigen hatte. Kardinal Newman schätzte, daß acht von zehn Bischöfen jener Zeit die Gottheit unseres Erlösers leugneten. Stellen Sie sich das vor!
Ob es nun im Berichte über den arianischen Glaubensabfall ist oder in demjenigen über die Reformation in England oder in jenem über die bolschewistischen Eroberungen jüngster Jahrzehnte in Osteuropa, die Bischöfe kommen nicht sehr gut weg, wenn die Geschichte aus ihrer Schule plaudert.

II.

Es ist lehrreich, einige der athanasianischen Eigenschaften zu betrachten. Er war ein kleiner Mann und sehr schwächlich. Ein kränklicher Mann, der jene zehn langen und mühsamen Reisen zu und von seinen Verbannungsorten machte; ein kranker Mann, der sich für sechs Jahre in der ägyptischen Wüste versteckte, während ihn die Geheimpolizei verfolgte!
Von den Arianern als ein Extremist hingestellt und erbarmungslos verunglimpft, schien alles gegen ihn zu sein. Ob seine Gegner ihn der widerrechtlichen Aneigung von kirchlichen Geldern bezichtigten, was sie im Jahre 338 taten, oder ob sie Beschuldigungen sexueller Unsittlichkeit gegen ihn ausposaunten, wie sie es im Jahre 335 fertigbrachten, er sagte von seinen Verfolgern höchstens, "sie sind nur Wolken, die vorübergehen".
In diesem Zusammenhang ist eine Geschichte zu bezeichnend, als daß man sie unerwähnt lassen könnte. Auf dem Konzil von Tyrus hatten die Arianer es so bewerkstelligt, daß der hl. Athanasius mit einer Prostituierten zusammentreffen sollte, welche sie bestochen hatten, falsch zu schwören, daß sie seine Mätresse sei. Zum Leidwesen ihrer Leichtgläubigkeit zeigte das schlechte Weib mit dem verurteilenden Finger auf einen anderen anwesenden Bischof und identifizierte ihn als den Athanasius, mit welchem sie gesündigt hatte. Ein mißlungener Auftrag!
Es ist unserem Heiligen zuzuschreiben, wenn man von ihm sagen kann, daß er ebensogut zurückgeben konnte, wie er erhielt. Er nannte die Arianer "diese widerwärtige Bande von Antichristen." Jene Verräter-Bischöfe wurden in seiner flammenden Schimpfrede gesengt. Und wie umfangreich war die literarische Produktivität des Athanasius - ungefähr sechzehn Hauptwerke und sehr viele Traktate für jene Zeit. Für den Untergrundkatholizismus seiner Tage war er "der unsichtbare Vater", der mittels Feder lehrte und auf Papier predigte. Als die Gläubigen keine gesunde Lehre von den Kanzeln hören konnten, lasen sie im geheimen die verborgene Presse der Rechtgläubigkeit und hielten damit am Glauben fest.

III.

Wir dürfen von dieser Sache nicht ablassen, ohne gewisse Charakteristiken der arianischen Propaganda zu betrachten, indem wir gleichzeitig uns daran erinnern, wie beharrlich die Geschichte die selben Melodien spielt und wie längst vergangen der Auftakt dazu ist. Erstens: Als der Arianismus aus der theologischen Schule hervorbrach und fast über Nacht die große Mode wurde, geschah dies in einer Gesellschaft, in der Irrlehre und Gleichgültigkeit bereits epidemisch waren. Mit andern Worten, der Arianismus war nur der Höhepunkt der Verräterei eines Zeitabschnittes geringerer Treulosigkeiten.
Zweitens: Arius selber, und durch seine Eingebung und gemäß seinen Weisungen seine ganze Bewegung, besaß in der Ausdrucksweise von Daniel-Rops einen "Genius für Selbstpublizität". Die arianische Maschinerie war eine Propagandamaschinerie von außergewöhnlicher Geschicklichkeit.
Drittens: Die arianische Propaganda war skrupellos. Ihr Spürsinn galt der zweideutigen Ausdrucksweise und der Wühlarbeit. Man beschuldige einen Arianer mit seiner Irrlehre, und er wird sogleich eine andere und scheinbar rechtgläubigere Formulierung anbieten, mit welcher er sie ausdrückt. Keine Ausflucht war für die Gegner des hl. Athanasius zu niedrig. Sie hielten z.B. eine arianische Versammlung in einem andern Nizäa, dieses ein dunkler Weiler, und gingen daran, dieselbe das Konzil von Nizäa zu nennen; was auf das gleiche herauskäme, wie wenn ich sagte "ich bin soeben aus Paris zurückgekehrt", indem ich Sie dazu verleiten würde, von meinen übrigen Bemerkungen abzuleiten, daß ich in der französischen Hauptstadt gewesen bin, während ich in Wirklichkeit doch nur von Paris in Kentucky zurückkehrte, einige Dutzend Meilen weg von hier, wo ich diese Worte schreibe.
Viertens: Die Arianer waren vollendete Parlamentarier und glänzende Agenten. Arius selber hatte auf dem Konzil von Nizäa im Jahre 325 von den Vorräumen aus Aufwiegelung betrieben. Damals waren nur 15 von den 318 Bischöfen seine Unterstützer; aber das Konzil gab der Irrlehre eine Rednerbühne, und in den darauffolgenden Jahren schritt der Arianismus von Macht zu Macht. Seine größte Macht rührte her von seiner Verbindung mit der kaiserlichen Regierung; der Staat intervenierte willig in die kirchlichen Angelegenheiten, wenn immer diese Intervention von den Häretikern verlangt wurde. Diese waren in der Mehrzahl, und es war im Interesse der Regierung, die Mehrheit zufriedenzustellen. Es war nicht im Interesse des Reiches, untätig zuzusehen, während der Pöbel sich in der Religion entzweite. Mittels dieser Methoden war es: das empfängliche Klima, sein Geschick in der Propaganda, sein Mangel an Skrupel, seine Staatsunterstützung - daß der Arianismus in sehr wenigen Jahren fast gänzlich die katholische Kirche gewonnen hatte. An seinem Höhepunkt waren 80 Prozent der Bischöfe seine Partisanen, und all die Dienststellen der Autorität und des Einflusses waren seine Werkzeuge.

IV.

Was ist zum Papst zu sagen?
Papst Liberius war eine tragische Figur. Nachdem Konstantius 341 Herrscher und der Arianismus buchstäblich die Staatsreligion geworden war, wurde ein enormer Druck auf diesen Papst ausgeübt, damit er den hl. Athanasius verurteile und in volle Gemeinschaft mit den Arianern trete. Liberius weigerte sich und wurde im Jahre 355 verbannt. Jedoch nach zwei Jahren, "indem er wegen der Lästigkeit der Verbannung nachgab", sagt der hl. Hieronymus, erklärte sich der Papst einverstanden zu unterschreiben und unterschrieb tatsächlich die Dokumente, welche ihm von seinen Verfolgern vorgesetzt wurden, womit er den Arianismus anerkannte.
Liberius schrieb den arianischen Bischöfen über Athanasius: "Als ich durch Gottes Willen erkannte, daß Ihr ihn gerechteweise verurteilt habt, stimmte ich sogleich Eurer Meinung bei." (Der Brief, welcher diese Worte enthält, befindet sich in den Fragmenten von Hilarius in der "Patrologia Latina 10.689". Die genaue Referenz ist: Hilarius, Frag. 6 (Pro deifico timore) Par. 5.)
Kardinal Newman weist in seinen Historical Sketches darauf hin, daß, obwohl der Papst eindeutig das arianische "Glaubensbekenntnis" unterzeichnete, er dies unter Nötigung tat, und daß eine solche Unterzeichnung nicht als "ex cathedra" betrachtet werden kann.
Der Ablauf der Dinge wird am besten durch den hl. Athanasius selber (in seiner Historia Arianorum, gedruckt in der Patrologia Graeca 25, 733) erzählt. Ich werde seine Worte der Übersetzung der Library of the Fathers (Oxford) 13.248 entnehmen:

35. ... Von Anbeginn verschonten sie (die Arianer) nicht einmal Liberius, den Bischof von Rom, sondern dehnten ihre Wut sogar bis zu jenem Ort aus ... Als sie sahen, daß er rechtgläubig war und die arianische Irrlehre haßte und daß er unablässig versuchte, jedermann zu überzeugen, davon abzulassen und sich davon loszumachen, dachten sich diese gottlosen Männer folgendes: "Wenn wir Liberius überzeugen, werden wir bald über alle den Vorrang haben." Und sie beeindruckten den Herrscher und, indem er sogleich hoffte, alle Männer mittels Liberius auf seine Seite zu ziehen, schreibt er ihm und sendet einen gewissen Eunuchen, Eusebius genannt, mit Briefen und Geschenken zu ihm, um ihm mit den Geschenken zu flattieren und mit den Briefen zu drohen. So zog denn der Eunuch nach Rom und lud zuerst Liberius ein, gegen Athanasius zu unterschreiben und mit den Arianern Gemeinschaft einzugehen, indem er sagte: "Der Herrscher wünscht es und befiehlt es Dir." Und dann, indem er ihm die Geschenke zeigte, nahm er ihn bei der Hand und ersuchte ihn nochmals mit den Worten: "Erfülle den Wunsch des Herrschers und nimm diese."

36. ... Aber um ihn zu überzeugen, sagte der Bischof: "Wie kann man dies gegen Athanasius tun? ... Wer wird Uns beipflichten, wenn Wir in seiner Abwesenheit jemanden verwerfen, dessen Präsenz Wir willkommen hießen und in die Gemeinschaft aufnahmen?" ...

37. ... Der Herrscher schreibt deshalb nach Rom, und wiederum werden Beamte, Notare und Grafen mit Briefen zum Präfekten gesandt, damit sie Liberius entweder mit List von Rom wegführen und ihn zu ihm ins Feldlager senden, oder aber ihn mit Gewalt verfolgen sollen.

38. ... Nachdem solcherart die Briefe waren, herrschte Furcht und Verräterei in der ganzen Stadt. Wie vielen Familien wurde gedroht! Wie viele Menschen wurden bestochen, Liberius öffentlich zu denunzieren! ... Wie streng bewachten sie den Hafen und die Tore, damit keine rechtgläubige Person Liberius besuchen kommen konnte! Auch Rom erfuhr nun die Feinde Christi und wußte endlich, was es nicht glauben wollte, wenn es hörte, wie die anderen Kirchen in jeder Stadt durch sie verwüstet wurden... Konstantius verschwörte sich gegen alle und verbannte Liberius.

39. ... Liberius wurde vor ihn geschleppt, jedoch kühn und offen sprach er zu ihm: "Halt ein, die Christen zu verfolgen; ersuche nicht, durch mich Gottlosigkeit in die Kirche zu bringen. Wir sind bereit, alles zu erleiden, eher, als Ariomaniten (Ariusnarren) nenannt zu werden. Wir sind Christen; zwinge uns nicht, Feinde Christi zu werden....

41. ... So versuchten sie zuerst, die Kirche der Römer zu verderben, indem sie Ehrfurchtslogigkeit in sie einzuführen trachteten. Jedoch Liberius, nachdem er für zwei Jahre verbannt war, gab nach, und aus Angst vor dem angedrohten Tode unterschrieb er. Aber dies zeigt auch wieder ihre Gewalttätigkeit und den Haß des Liberius gegen die Irrlehre und seine Unterstützung des Athanasius, solange er noch die freie Wahl hatte. Denn, was unter Folterung entgegen des Menschen erstem Urteil getan wird, ist nicht die willentliche Tat jener, die fürchten, sondern jene ihrer Folterer. Diese letzteren ließen nichts unversucht, die Härsie zu unterstützen, währenddem das Volk in jeder Kirche auf die Rückkehr ihrer Lehrer wartete, indem es an seinem Glauben, den es gelernt hatte, festhielt.

V.

Wir wissen nun etwas über das Leben des hl. Athanasius, etwas über den Arianismus, der ihn bekämpfte, und etwas über die Geschichte von Papst Liberius. Wir sind nun in der Lage, die Betrachtung anzustellen, ob sich die Geschichte wiederhole, ob die Machtübenahme der Neu-Arianer irgendwie derjenigen der alten gleiche.
Vorerst: Der Neo-Arianismus, wie auch der alte Arianismus, ging aus seinen Laichgründen hervor wie eine große Flut, die mit einer verblüffenden Schnelligkeit alles vor sich herschwemmt und keinen Damm hat, der sie aufhält. Ein auf dem Rücken liegendes Christentum, entkräftigt durch eine lange Reihe von aderläßlichen Treulosigkeiten zum Evangelium, lag gleichgültig da angeichts der beschmutzten Flut. Warum ist das Christentum beinahe besiegt? Weil wir bis jetzt keine Christen waren!
Dann: Die Neu-Arianer, gleich wie die alten, haben die Kontrolle über die Presse und all die andern Kommunikationsmittel und haben aus diesen die unerbittlichen Werkzeuge ihrer Propaganda gemacht. Ihre Übernahme dieser Medien war wie eine Armee im Marsch.
Wiederum: Die Neu-Arianer sind nicht gehemmt durch irgendwelche Gewissensbisse. Wie die alten Arianer lügen sie und betrügen und verdrehen und mißdeuten mit aller Geschicklichkeit und dem Vorsatz, den sie von ihrem Meister gelernt haben. Wie die alten Arianer ein "Ersatz-Nizäa" anriefen, so berufen sich die Neu-Arianer auf ein Vaticanum II ihrer eigenen Fehldeutung.
Schließlich: Die Neu-Arianer, genau wie die alten, arbeiten mit Agenten, treiben Ränkespiele und benützen garstige Politik, um ihre Ziele zu erreichen; und wie die ursprünglichen Irrlehrer ihre Macht und ihren Schutz in der konstantinischen Bürokratie fanden, so sind unsere Neu-Arianer entweder die Agenten der modernen Regierungen oder ihre willfährigen Diener. Mit diesen Mitteln: das empfängliche Klima, die Geschicklichkeit in der Propaganda, seine Gewissenlosigkeit, seine Unterstützung (kommunistische oder andere) durch den Staat ist es, daß der Neo-Arianismus in den wenigen Jahren seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil nahe dazu gelangt ist, in der katholischen Kirche die Macht zu ergreifen. Die meisten der Bischöfe sind entweder Vertreter der Häresie oder schweigsam in deren Angesicht, und der größte Teil der Kirchenmaschinerie arbeitet in ihrem Dienste.

VI.

Wir können mehr tun, als uns ins Bild zu setzen und zu trösten mit den Parallelen der beiden Arianismen; wir können von der Geschichte der Schlacht des hl. Athanasius gegen den alten lernen, wie eine Schlacht gegen den neuen vor sich gehen soll.
Wir können zuallererst lernen, nicht eingeschüchert zu werden durch die Drohung kirchlicher Strafen. Ich kann Euch hundert Heilige seit dem hl. Athanasius nennen, die entweder exkommuniziert oder suspendiert wurden von politisierenden Bischöfen oder abtrünnigen Geistlichen - unter ihnen die hl. Johanna von Arc, der hl. Philipp Neri, der hl. Ludwig von Montfort. Es ist schwierig für mich, irgend einen kanoniserten Heiligen zu nennen, der nicht während eines Großteils seines Lebens unter einer Wolke oder in bischöflicher Mißgunst schmachtend gestanden hätte.
Wenn wir Oratorianer und die Athanasianische Gesellschaft somit allein stehen, indem wir entschieden den wahren Glauben verteidigen, und zwar jedes bißchen davon, und beschuldigt oder verlassen oder verleumdet oder bedroht werden von seiten geistlicher Politiker, die ihren Schwur gegen den Modernismus vergessen haben oder ihn bewußt verraten - so befinden wir uns in bester Gellschaft.
Wir können auch lernen, offen zu sprechen, wenn der Glaube verraten wird. Ich bin ein regelrechtes scheues Veilchen in meiner Sprache, wenn sie verglichen sein soll mit Äußerungen der Heiligen. (Später werden wir einige ihrer Bemerkungen über ihre Bischöfe veröffentlichen!)
Und wir können lernen, daß die Schlacht sich austrägt zwischen Wahrheit und Propaganda. Was wir zu tun haben, ist, die Wahrheit zu verbreiten. Der hl. Athanasius tat dieses vornehmlich mit seiner Reder. Und so werden auch wir tun.
Unsere Gemeinschaft unternimmt es, ganz offen, sogar ungeschminkt, die Wahrheit zu sagen, die Wahrheit des heiligen katholischen Glaubens. Unsere Gemeinschaft hat es sich zur Aufgabe gemacht, allen, die hinhören wollen, zu sagen, daß es nur einen wahren Glauben gibt, jenen, welchen unser Göttlicher Herr dem hl. Petrus und seinen Nachfolgern zu predigen und zu beschützen beauftragt hat. (Es ist wahr, daß Petrus unseren Herrn dreimal verleugnete, aber er gewann wieder sein besseres Ich zurück und starb schließlich in der Verteidigung der Offenbarung seines Retters.) Unsere Gemeinschaft betätigt sich hauptsächlich in der Verbreitung und Verteidigung ds wahren Glaubens mittels des gedruckten Wortes.

Pater Francis Edward, Superior der Oratorianer, Lexinton, USA. (Übersetzung aus dem Englischen besorgt durch die Red.) Dieser Aufsatz wurde zuerst in "Christendom" publiziert.

Der Bankrott der Kunst

Wenn eine sogenannte moderne Kunst Gemälde und Skulpturen schafft, die das Heilige zur Fratze, zum Gespenstischen verzerren und Ideen ins Groteske, Bizarre, Monströse, mit einem Wort ins Unförmig-Häßliche kleiden, dann mag es originell, genial, titanenhaft oder wie immer genannt werden: - es ist Dekadenz des Schönen, Verirrung des Geistes, Bankrott der Kunst. Der Religion und dem Christentum im besonderen wird damit ein schlechter Dienst erwiesen.

HH Prof. Albert Drexel in "Bekenntnis"

Wer die Wahrheit aufgibt, der gibt auch die Liebe auf

"Mit dem ständigen Aufruf zu einem "neuen Verständnis" bzw. "neuen Denken" dessen, was bisher als wahr galt, wird die natürliche Hinwendung der Menschen zur Erkenntnis fahrläßig oder böswillig erschüttert. Die perverse Wortverbindung "neues Denken" soll das Denken, das niemals neu, sondern immer nur wahr oder falsch sein kann, von der Idee der Erkenntnis abziehen und auf den Weg uferlosen Meinens lenken. Wer "neu denken" oder "neu verstehen" kann, der hat gewiß noch nie gedacht oder verstanden. Er schreitet nur in einem Meinen fort, das er sich generalisiert denkt oder wünscht. Diese Generalisation ist die Zerstörung jeglicher Erkenntnis. Ein Aufgaben der Erkenntnis aber bedeutet auch ein Aufgeben verantwortbaren Handlens; es bedeutet den geistigen und physischen Tod der Menschheit.
Wer die Wahrheit aufgibt, der gibt auch die Liebe auf: es geht dann nicht mehr um den anderen, nämlich um sein letztes, alles bestimmendes Urteil, seine Überzeugung. Es geht weder um diese Überzeugung in ihrer Bedeutung für ihn, noch in ihrer Bedeutung für mich. Der lebenslange "Dialog", zu deutsch: das monologisierende ewige Geschwätz, tritt an die Stelle der Erkenntnisbemühung; der andere wird moralisch getötet. Die "Interpretation", die respekt- und achtungslose Einordnung dessen, wofür der andere in Erkenntnis und Liebe steht, als geschichtlich überholte "Wahrheit" plündert danach den Toten noch aus, nicht seine Taschen, sondern seine intimste Sphäre, seinen Geist und sein Herz.
Das ist die Welt von morgen, die uns die Reformer von heute bereiten, wenn ihre Meinung von der Geschichtlichkeit der Wahrheit obsiegen sollte. Es ist deshalb notwendig, auf die tödliche Gefahr und ihre Gründe offen hinzuweisen."

Das ist die kristallklare, tiefsinnige Lagebeurteilung unserer Gegenwart, niedergeschrieben von Univ.-Prof. Dr. Reinhard Lauth, München. Lesen Sie die ganze Abhandlung über "Die absolute Ungeschichtlichkeit der Wahrheit", ein Büchlein mit diesem Titel, erschienen im W.-Kohlhammer-Verlag, Stuttgart, Berlin, Köln, Mainz.

"Länger schweigen wäre Sünde!"

Wenn wir den hl. Papst Pius X. als besonderen Patron dieser Zeitschrift gewählt haben, dann aus offensichtlichen und wichtigen Gründen. Josef Melchior Sarto, wie sein bürgerlicher Name lautete, war ja jener als letzter heiliggesprochene Papst, der in so kompromißloser Weise gegen den Modernismus in Wort und Schrift kämpfte. Ihm verdankt es die katholische Kirche zur Hauptsache, daß sie nicht damals um die letzte Jahrhundertwende schon diesem Gift aller Gifte erlag, was heute, und namentlich seit dem II. Vatikanischen Konzil hochprozentig der Fall ist. Vielen Theologen und Priestern und Laien ist dieser Papst heute ein Dorn im Auge, unangenehm. Man wünschte, er hätte nie auf dem Stuhle Petri gesessen. Man spricht kaum mehr von ihm oder höchstens schlecht. Und doch kann kein vernünftig denkender und seelisch rechtschaffener Katholik daran zweifeln, daß dieser heilige und unvergeßliche Stellvertreter Christi mit seinem Rundbrief gegen den Modernismus damals schon Dinge aussagte, die uns in unserer Zeit die hervorragendste Analyse gerade unserer Gegenwart, der jetzigen Situation in der Kirche, bedeuten. Wo sind die Streiter gegen den Modernismus unter der Fahne Pius X.? Es gibt ihrer nur noch verschwindend wenige. Der Hauptharst steht heute auf jener Seite, gegen die sich Pius X. vor 60 Jahren entschieden gestellt hatte.
Wir geben hiernach aufklärungshalber den ersten, wichigsten Teil der Enzyklika "Pascendi dominici gregis" Papst Pius X. vom 8. September 1907 wieder, die, wie Sie gleich feststellen, für uns auch heute noch die allergrößte Bedeutung und Gültigkeit besitzt.

Ehrwürdige Brüder! Gruß und Apostolischen Segen.
Das Amt, welches Uns von Gott übertragen worden, die Herde des Herrn zu weiden, hat vor allem als Aufgabe von Christus zugewiesen erhalten, daß es den Schatz des überlieferten heiligen Glaubens aufs sorgfältigste hüte und profane Neuerungen und Einwendungen der sog. Wissenschaft zurückweise. Zu jeder Zeit ist diese Sorge des obersten Hirten dem katholischen Volke notwendig gewesen; denn dank dem Feinde des Menschengeschlechtes hat es niemals an Leuten gefehlt, "die da Verkehrtes reden", an solchen, "die mit ihren nichtigen Reden zu Verführern werden", an "betrogenen Betrügern". Aber man kann es nicht leugnen, in der letzten Zeit ist die Zahl der Feinde des Kreuzes Christi nur allzusehr gewachsen. Mit neuen, hinterlistigen Kunstgriffen suchen sie die Lebenskraft der Kirche zu brechen und, wenn sie nur könnten, das Reich Christi selbst von Grund aus zu vernichten. Darum dürfen Wir nicht länger schweigen, damit Wir nicht Unserer heiligsten Aufgabe untreu werden und man nicht die Milde, welche Wir bisher walten ließen, in der Hoffnung, man werde sich eines Besseren besinnen, Uns als Pflichtvergessenheit auslege. Wir sind aber gezwungen, nicht länger zu zögern, weil sich die Verfechter jener Irrtümer bereits nicht mehr ausschließlich unter den offenen Feinden finden; nein, zu Unserem größten Schmerze und zu Unserer Beschämung müssen Wir es sagen, am Busen und im Schoße der Kirche lauern sie und sind um so gefährlicher, je weniger man sie kennt. - Wir meinen, Ehrwürdige Brüder, viele aus der katholischen Laienwelt, ja was noch viel schlimmer ist, sogar aus den Reihen des Klerus, die unter dem Deckmantel der Liebe zur Kirche, ohne die Grundlage einer soliden Philosophie und Theologie, ja angesteckt von dem Gifte der Lehren, wie sie die Feinde der Kirche vortragen, alle Bescheidenheit beiseite setzend, sich zu Reformatoren der Kirche aufwerfen; kühn schließen sie ihre Reihen zusammen, greifen das Heiligste an Christi Werk an und schonen dabei nicht einmal die göttliche Person des Erlösers selbst, den sie in blasphemischer Frechtheit zu einem bloßen armseligen Menschen herabdrücken.
Mögen diese Leute sich wundern, wenn Wir sie zu den Feinden der Kirche rechnen; über das Innere ihres Herzens richtet freilich Gott allein; aber wer ihre Lehren, ihre Rede- und Handlungsweise kennt, der kann sich darüber nicht wundern. Ja, es ist nur zu wahr, sie sind schlimmer als alle andern Feinde der Kirche. Denn nicht außerhalb, sondern, wie gesagt, in der Kirche selbst schmieden sie ihre Pläne zum Verderben der Kirche; im Blute der Kirche, in ihrem tiefsten Innern, steckt die Gefahr, und der Schaden ist um so sicherer, je besser sie die Kirche kennen. Dazu kommt, daß sie nicht an Äste und Zweige, sondern an die Wurzel ihre Hand anlegen, an den Glauben und an die tiefsten Fasern des Glaubens. Ist aber einmal diese Wurzel des Lebens getroffen, dann werden sie das Gift durch den ganzen Baum verbreiten; kein Stück der katholischen Wahrheit werden sie dann unberührt, keines unverdreht lassen wollen. Auf tausenderlei Art wissen sie zu schaden; aber dabei sind sie äußerst gewandt und schlau. Abwechselnd spielen sie die Rolle des Rationalisten und des Katholiken mit solcher Fertigkeit, daß sie jeden Harmlosen mit Leichtigkeit zu ihrem Irrtum herüberziehen. Auch läßt ihre Verwegenheit sie vor keinen Konsequenzen zurückschrecken; mit frecher Stirn und kaltem Blute drängen sie sogar zu denselben. Dazu kommt bei ihnen noch ein äußerst tätiges Leben, eine ständige, eifrige Beschäftigung mit gelehrten Arbeiten aller Art und meist eine zur Schau getragene Sittenstreng, was alles um so leichter über sie täuschen kann. Schließlich haben ihre Fachstudien sie dahin gebracht, daß sie keine Autorität mehr anerkennen, sich keine Bechränkung mehr wollen gefallen lassen; so haben sie ihr eigenes Gewissen getäuscht und möchten das Wahrheitsdrang nennen, was in Wirklichkeit nur Stolz und Hartnäckigkeit ist: da sollte man fast an jedem Heilmittel verzweifeln. - Wir hatten gehofft, daß Wir diese Männer doch noch einmal zur Besinnung bringen könnten; darum haben Wir sie zuerst mit väterlicher Milde behandelt, dann auch mit Strenge, und sahen uns schließlich gezwungen, öffentlich gegen sie einzuschreiten. Ihr wißt, Ehrwürdige Brüder, daß alles vergebens war: kaum hatten sie für den Augenblick den Nacken gebeugt, bald erhoben sie ihn wieder mit um so größerer Kühnheit. Handelte es sich bloß um sie, so könnte man das vielleicht gehen lassen; aber der katholische Glaaube selbst ist gefährdet. Länger schweigen wäre Sünde; Wir müssen reden. Wir müssen ihnen vor der ganzen Kirche die Maske herunterreißen, die ihr wahres Wesen nur halb verhüllt.

Donnerstag, 11. Januar 2007

Maria von Jesus von Agreda, Spanien

Die Mystische Stadt GottesWer heute eine katholische Buchhandlung betritt, um für sich oder andere ein Buch, ein Weihnachtsgeschenk zu kaufen, muß damit rechnen, irgendetwas in die Hand gespielt zu bekommen das äußerem Anschein nach zwar katholische Literatur zu sein scheint, sich bei genauerer Untersuchung aber als jenes geist- und glaubenslose Gewäsch entpuppt, mit dem der katholische Buchmarkt heute von den fast alle ins modernistische Fahrwasser geratenen Verlagen überschwemmt wird. Es gehört schon eine gute Portion Literatur- und Autorenkenntnis dazu, will man die wenige und meistens nicht vorhandene noch einwandfreie Literatur von dem oft gut katholisch aufgemachten Schund unterscheiden, durch den die Häretiker unserer Tage, die Berufs-Reformer, Berufs-Anpasser, Berufs-Umdenker aus Priester- und Laienstand, Glaubensverrat und Glaubensabfall unters Volk zu tragen suchen.
Umso größerer Dank gebührt dem Verlag dieser Zeitschrift, dem Immaculata-Verlag, der es unternommen hat, vor einiger Zeit in acht handlichen Tschenbüchern ein Werk herauszubringen, das nicht nur echt katholisch im besten Sinne des Wortes ist, sondern das darüber hinaus auch jedem unbesorgt in die Hand gegeben werden kann: DIE MYSTISCHE STADT GOTTES von der spanischen Äbtissin Maria von Agreda. Ein Werk, dessen Neuherausgabe umso verdienstlicher ist, als es in der katholischen Christenheit seit 300 Jahren in einer Unmenge von Ausgaben verbreitet und immer mit größtem Gewinn gelesen worden ist. Gerade in einer Zeit wie der unseren, die alles Übernatürliche und Wunderbare leugnet und hinwegdiskutiert, einer Zeit, die aus der Hochheiligen Gottesgebärerin nichts als ein "einfaches jüdisches Mädel, nicht anders als die anderen" zu machen sucht, einer Zeit schließlich, in der gute geistige Kost so rar geworden ist, kommt der Neuausgabe des berühmten Werkes besondere Bedeutung zu. Im folgenden wollen wir uns etwas mit diesem Werk und der Person der Verfasserin beschäftigen.

1. IHR LEBEN

Maria von Jesus von Agreda wurde am 16. April 1602 als Kind tieffrommer Eltern aus altem spanischen Adel in einem Städtchen Altcastiliens geboren. Das durch die echt religiöse Erziehung im Elternhaus auf die Ewigkeit hingelenkte Kinderherz wurde von Gott schon in der frühesten Jugend mit außergewöhnlichen Gnaden überhäuft. Treues Mitwirken mit den Einsprechungen Gottes, geduldiges Ertragen von Leiden und Widerwärtigkeiten aus Liebe zum gekreuzigten Heiland ließen das Kind Gnade finden in den Augen Gottes; und als ihre Eltern sich infolge höherer Erleuchtung entschlossen, selbst den Ordensstand zu erwählen, trat auch Maria, 17 Jahre alt, mit ihrer Mutter und jüngeren Schwester in den Orden der Schwestern von der Unbefleckten Empfängnis, einem Zweig der Clarissen, ein.
Im Kloster begann sie noch mehr als bisher ein engelgleiches Leben zu führen, ein Leben schwerster Buße, schwerem Leiden. Wer glaubt, daß dies einem siebzehnjährigen Mädchen leicht gefallen sei? Aber Gott bürdete ihr nicht mehr auf, als sie tragen konnte, ja, er suchte sie heim in häufigen Ekstasen und Visionen, hielt Zwiesprache mit ihr und ließ sie teilhaben an den tiefsten Geheimnissen des mystischen Lebens. Mit 25 Jahren wurde Maria gezwungen, ihre mit päpstlicher Dispens erfolgte Wahl zur Äbtissin anzunehmen, ein Amt, das sie von da ab fast 40 Jahre bis zu ihrem Tode behalten sollte.
Muß man noch sagen, daß eine solche Äbtissin für ihr Kloster, ja das ganze Land von Segen war? Gott selbst war es, der den Ruf dieser demütigen, schwachen und doch so starken Frau hinausdringen ließ aus dem behüteten Geviert der Clausur, und die Kunde von ihrer Begnadung war gleichsam nichts anderes als der Widerschein ihrer helllodernden Gottesliebe. Alt und Jung, Reich und Arm begannen nach Agreda zu ziehen, um dort ihr schweres seelisches Leid und die ganze Gemeinheit ihres Lebens einzutauschen gegen den Rat und das Gebet der Äbtissin, deren sühnendes und ganz für Gott gelebtes schweres Leben so sehr abstach von der Verweichlichung und dem Niedergang der damaligen Zeit.
Und selbst König Philipp IV. von Spanien wandte sich an Maria von Agreda um Rat. Muß man da nicht staunen? Denn es ging hier nicht um Rat, um Hilfe und Trost in privaten Angelegenheiten, vielmehr waren es Entscheidungen der höchsten Politik, die der König der Äbtissin zur Begutachtung vorlegen ließ. Und sie, die nie über die Grenzen der Provinz Kastilien hinausgekommen, sie, die die Welt längst hinter sich gelassen zu haben geglaubt hatte, sah sich nun verstrickt in die Regierung des Mundo Hispanico, jenes hochempfindlichen spanischen Weltreiches, dessen König sie an jedem Posttag um Stellungnahme und Entscheidung bat.
Ganz wunderbare Dinge werden über ihr Leben, ihre Tugenden und ihr Wirken berichtet. Und ist es nicht schon wunderbar genug, wenn wir sehen, daß sie Direktiven für die Regierung der spanischen Kolonie Neu-Mexiko gab und ein Programm für die Bekehrung der dortigen Wilden ausarbeitete? Und doch, ihre Hauptaufgabe war, das Buch "DIE MYSTISCHE STADT GOTTES" zu schreiben, in dem sie das Leben der Gottesmutter erzählt. Dieses Buch zu schreiben, erhielt sie im Gebete die erste Aufforderung. Doch lange sträubte sie sich und konnte ihre beständige Angst, getäuscht zu werden, nicht überwinden. Zwölf Jahre lang - welch ein Beispiel! - bereitete sie sich unter entsetzlichen Leiden und inneren Kämpfen auf diese Aufgabe vor und schien während der letzten 80 Tage ganz von Gott verlassen und der Gewalt Satans übergeben. Nach dieser dunklen Nacht der Seele wurde sie von Gott zur höchsten mystischen Stufe der Gottverlobung erhoben und von übernatürlicher Wissenschaft in solchem Grade erfüllt, daß berühmte Gelehrte der damaligen Zeit sich hierüber nicht genug wundern konnten, hatte Maria von Agreda doch keinerlei höhere Bildung genossen. Endlich schrieb sie nun auch das Buch DIE MYSTISCHE STADT nieder, wollte es indessen geheim halten, mußte aber auf Befehl König Philipps IV. diesem eine Abschrift zukommen lassen.
Als Maria von Agreda am 24. Mai 1665 starb, trauerte ganz Spanien um sie. Der Ruf von ihrer Heiligkeit und den Wundern an ihrem Grabe erscholl allenthalben, wo immer man spanisch sprach, ja in ganz Europa. Schon 1671 konnte darum ihr Seligsprechungprozeß beim Heiligen Stuhle anhängig gemacht werden, 1673 wurde seine Eröffnung von Papst Clemens X. seligen Angedenkens feierlich unterzeichnet. Daß der anfangs sehr eifrig betriebene Prozeß bis heute noch nicht abgeschlossen ist, hat wohl einzig seinen Grund in den Schwierigkeiten, welche beim Prüfen des erwähnten Buches sowie der sehr umfangreichen Korrespondenz sich einstellten. Die Verhandlungen kamen durch die Ereignisse im Zusammenhang mit der Französischen Revolution völlig zum Erliegen. Erst als 1867 in Mecheln eine auffallende Heilung auf Anrufung der gottseligen Maria von Agreda erfolgt war, entschloß sich der Heilige Stuhl auf Bitten der spanischen Königin Maria Christina und des spanischen Episkopats zur Wiederaufnahme des Prozesses.

2. DIE MYSTISCHE STADT GOTTES

Das berühmte Werk DIE MYSTISCHE STADT GOTTES der ehrw. Dienerin Gottes Maria von Agreda, das jetzt in neuer deutscher Auflage herausgebracht worden ist, wurde erst vier Jahre nach dem Tode der Verfasserin nach sorgfältiger Prüfung veröffentlicht. Schon vorher war das Buch auf Befehl König Philipps IV. von einer Kommission angesehener Theologen geprüft worden mit dem Resultat, daß keinerlei Irrtum gegen den Glauben darin enthalten sei und daß die Offenbarungen tatsächlich göttlichen Ursprunges sein müßten. Trotzdem wurde das Buch von der strengen spanischen Inquisition kassiert und nach einer Prüfung, die nicht wengier als 14 Jahre dauerte, wieder freigegeben.
Überaus zahlreich sind seither die Empfehlungen gewesen, die das Buch erhalten hat. Papst Benedikt XIV. äußerte sich in einem Schreiben vom 16. Januar 1748, daß durch nichts die Andacht zur Gottesmutter so gefördert werden könne wie durch dieses Buch. Bischöfe, Universitäten, Ordensgeneräle und zahllose einzelne Theologen haben sich seit 300 Jahren ín ähnlichem Sinne geäußert. Kardinal d'Aguirre schrieb zum Beispiel in seinem für den König von Frankreich bestimmten Gutachten über DIE MYSTISCHE STADT GOTTES am 17. Juli 1698: "Was ich im Laufe von 50 Jahren erlernt habe, ist beinahe nichts im Vergleich zu der tiefen Lehre, welche ich in diesem Buche gefunden habe, eine Lehre, welche vollkommen übereinstimmt mit der Heiligen Schrift, den Kirchenvätern und den Konzilien. Da man nicht bezweifeln kann, daß auch der gelehrteste sterbliche Mensch jener ehrwürdigen Mutter eine so hohe Lehre und so erhabene Mitteilungnen auf natürlichem Wege nicht hätte beibringen können, so muß man mit moralischer Gewißheit annehmen und glauben, daß diese große Dienerin Gottes unter der Eingebung des Heiligen Geistes geschrieben hat."
Es würde zu weit führen, hier all die unzähligen Urteile und Lobeserhebungen wiederzugeben, die dem Buch im Laufe der Zeiten gespendet worden sind. Zitiert seien hier noch die Universität Löwen, in deren Gutachten es heißt: "Die Starken wie die Schwachen, die Gelehrten wie die Ungelehrten können aus diesem Werk reichliche Frucht ziehen. Denn was immer Erhabenes in der Theologie gelehrt wird, ist hier in solcher Faßlichkeit, auf so neue und klare Weise dargelegt, daß man gestehen muß: nichts als ein gesundes Urteil ist nötig, um durch das Lesen dieses Buches zum Verständnis unseres Glaubens zu gelangen." Und Michael d'Escartin, Bischof von Tarzona, dem Sprengel, in welchem Agreda liegt, sagte: "Wir müssen uns glücklich schätzen und der göttllichen Majestät unendlichen Dank sagen, weil sie sich gewürdigt hat, in unserer Zeit diesen verborgenen Schatz zu offenbaren, durch welchen die Verehrer der Jungfrau und die Seelen der Gläubigen den reichsten Segen erlangen sollen."
Zu den Bewunderern dieses Werkes gehören auch kein geringerer als Joseph Görres, der dem Buch einen staunenswerten Tiefsinn zuspricht, ebenso der berühmte Abt Prosper Guéranger von Solesmes, der dieses Buch gegen die Angriffe der Modernisten im vorigen Jahrhundert so glänzend verteidigt hat.

3. ZUM INHALT DES BUCHES

Der Inhalt des Buches stellt das Leben der Gottesmutter Maria dar, so wie es der ehrw. Maria von Agreda geoffenbart worden ist. Das, was wir nun da vom Leben Mariens lesen können, geht allerdings weit über das hinaus, was uns die Heilige Schrift und auch die Kirche zu glauben gebietet. Denn das betrifft ja fast nur die Stellung Mariens im Heilsplane Gottes, welche durch die drei Hauptdogmen von der göttlichen Mutterschaft, der Unbefleckten Empfängnis und der beständigen Jungfräulichkeit im Prinzip bestimmt wird. Es steht aber außer Zweifel, daß dieser einzig erhabenen Stellung einer in gleicher Weise einzigartige Gnadenfülle entspricht und eine Herrlichkeit des inneren Lebens, die alles Vorstellbare weit überschreitet. Nun schweigt freilich die Heilige Schrift von den wunderbaren Geheimnissen des Lebens Mariens fast gänzlich, desungeachtet steht aber fest, daß diese uns unbekannten Tatsachen in größerer Fülle stattgefunden haben müssen, als wir elenden Sünder auch nur ahnen können. Diese Lücke unserer Kenntnisse soll nun Gott durch diese Offenbarungen gegenüber der ehrw. Maria von Agreda zur Erbauung der Christen haben ausfüllen wollen. Wirklich wird von ihr das Leben der Gottesmutter in einer Weise geschildert, die ihrer erhabenen Stellung in jeder Weise entspricht und dazu noch mit einer solchen Fülle von theologischem Wissen und fortlaufender passender Anwendung der Heiligen Schrift, daß der gelehrteste Theologe hätte verzagen müssen, wenn er eine so schwierige Aufgabe mit allen Mitteln menschlicher Intelligenz in gleich befriedigender Weise hätte lösen wollen. Da nun, wie gesagt, feststeht, daß Maria von Agrda durchaus keine wissenschaftliche Bildung genossen hat und daß in dem Buche die schwierigsten theologischen Probleme und dunklen Stellen der Heiligen Schrift meisterhaft und mit einem Wissen erklärt sind, das sie sich auch im Umgang mit den Großen des Spanischen Reiches nicht hätte erwerben können, so kann man vernünftigerweise nicht umhin, eine höhere und außerordentliche Erleuchtung der Verfasserin anzunehmen.
Indessen dürfen - und das sei hier gesagt, um falschen Auffassungen vorzubeugen - auch im Falle, daß Gott solche Offenbarungen zum Nutzen weiterer Kreise bestimmt hat, diese durchaus nicht mit dem von Christus durch die Apostel der Kirche vermittelten Glaubensgut beigemischt oder gleichgesezt werden. Nur die Heilige Schrift und die Tradition sind Glaubensquellen, die für alle verbindlich sind und aus denen die Kirche die katholischen Glauenswahrheiten schöpft. Diese Beschränkung vorausgesetzt, befolgt die Kirche aber auch das Wort des Apostels: "Verachtet nicht die Weissagungen" (1. Thess. 5,20), aber es steht auch fest, daß nirgends mehr als bei solchen Visionen die Mahnung des Apostels Johannes am Platz ist: "Glaubet nicht jedem Geiste, sondern prüft die Geister, ob sie aus Gott sind" (1. Joh. 4,1)
Nun, der Geist, der aus Maria von Agreda's herrlichem Werk DIE MYSTISCHE STADT GOTTES spricht, ist, wie wir vorhin schon gesehen haben, bereits so oft und von solch berufenen Stellen geprüft worden, daß wir über seine Herkunft ganz und gar beruhigt sein können, selbst der Heilige Stuhl hat es ja zur Lektüre empfohlen. Jeder, der es gläubigen Herzens und liebender Gesinnung zur Gottesmutter liest, wird reichen geistigen Gewinn daraus ernten. "Das Wenigste aber", sagte Abt Guéranger von Solesmes, "was man zum Lobe dieses Werkes sagen kann, ist, daß es eines der imposantesten Denkmäler des menschlichen Geistes bleibt."

Karl-Heinz Jütting

Schriftenliste für die Bestellung dieses 8-bändigen Werkes als Ganzes oder einzelner Bände

Der Aufstieg zur Mündigkeit

"Man redete von Fortschritt, und man machte Rückschritte; von Aufschwung, und man sank ab; vom Aufstieg zur Mündigkeit, und man versklavte."

Papst Pius XII. in "Summi Pontificatus", 20. Oktober 1939

Gebet um Erlangung der christlichen Vollkommenheit vom hl. Thomas von Aquin

Verleihe mir, o barmherziger Gott, daß ich alles, was Dir wohlgefällig ist, eifrig verlange, mit Weisheit suche, wahrhaft erkenne und zur Ehre Deines Namens getreu erfülle. Ordne und leite meinen Beruf, und was Du willst, daß ich in demselben tun soll, wollest Du mich erkennen und vollbringen lassen, wie es sich gebührt und dem Heile meiner Seele nützlich ist.
Gib, o mein Herr und Gott, daß ich weder im Glücke noch im Unglücke wanke, und mich in jenem nicht erhebe noch in diesem unterliege; daß mich nichs erfreue, als was mich zu Dir führt, mich nichts betrübe, als was mich von Dir entfernt, und daß ich niemandem zu gefallen suche, noch jemandem zu mißfallen fürchte, als Dir allein. Von zeitlichen und vergänglichen Dingen laß mein Herz nicht eingenommen werden; lieb und teuer sei mir alles, was Dein ist, um Deinetwillen; an Dir selbst aber laß mich über alles mein Wohlgefallen haben. Jede Freude, welche ohne Dich ist, sei mir zuwider, und mein Verlangen strebe nach nichts, was außer Dir ist. Alle Arbeit, welche Deinetwegen geschieht, bringe mir Lust, alle Ruhe aber, welche nicht um Deinetwillen ist, werde mir zum Ekel. Gib, o Herr, daß ich mein Herz oft zu Dir erhebe, und sobald ich gefehlt habe, mit Reue und erneuertem Vorsatz zu Dir zurückkehre. Verleihe mir, o Herr, mein Gott, daß ich allzeit vor Deinem Angesichte wandle, gehorsam sei ohne Widerspruch, arm im Geiste ohne Niedrigkeit der Gesinnung, keusch ohne Flecken, geduldig ohne Murren, demütig ohne Verstellung, fröhlich ohne Ausgelassenheit, traurig ohne Kleinmut, ernst ohne Stolz, rasch und gewandt ohne Leichtfertigkeit, furchtsam ohne Verzagtheit, wahrhaft ohne Falschheit. Gib, daß ich das Gute tue ohne Anmaßung, den Nächsten zurechtweise und ermahne ohne Hochmut, durch Wort und Beispiel ihn erbaue ohne Heuchelei. Verleihe mir, o Herr und Gott, ein wachsames Herz, welches durch keine vorwitzigen Gedanken sich von Dir abwenden lasse; gib mir ein großmütiges Herz, das durch keine ungeziemende Neigung erniedrigt werde; ein gerades und aufrichtiges, das durch keine verkehrte Absicht zu irdischen Dingen sich hinneige; ein unüberwindliches, das durch keine Widerwärtigkeit besiegt werde; ein freies Herz, welches keine unlauteren Begierden und schnöden Lüste beherrschen. Schenke mir, o Herr, mein Gott, einen Verstand, der Dich erkenne, einen Eifer, der Dich suche, eine Weisheit, die Dich finde, einen Wandel, der Dir gefalle, eine Beharrlichkeit, welche auf Dich vertraue, eine solche Zuversicht, die bei meinem Hinscheiden Dich endlich umfange. Gib, daß ich den Leiden Deines Sohnes mich anschließe durch Werke der Buße, Deine Wohltaten hienieden sorgfältig anwende durch die Gnade und Deine Freuden im seligen Vaterlande einst genieße durch die ewige Herrlichkeit; durch JESUS CHRISTUS, unseren Herrn. Amen.

Wurzelbehandlung

Die Kirche ist die "Heils-Armee" Jesu Christi, der dem Pilatus bestätigte: "Jawohl: ich bin ein König. Dazu bin ich geboren und dazu in die Welt gekommen, daß ich der Wahrheit Zeugnis gebe!" Aufgabe der von Christus gestifteten "Heils-Armee" ist die totale Eroberung der Menschheit für die Anerkennung und Verwirklichung jener im Gewissen verbindlichen Wahrheit, die uns Christus durch seine Bergpredigt verkündete und von der er sagte: "Wenn ihr in meiner Lehre verharrt, seid ihr meine echten Jünger. Dann werdet ihr die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frei machen!" Die Anerkennung und Verwirklichung dieser Wahrheit erfolgt durch Beispiel, Wort und Gebet in ständigem Kampf gegen den "Fürsten dieser Welt", Satan, und seinen nihilistischen Anhang. Wo immer aber an der "Front" dieser "Heils-Armee" die Disziplin erschlafft, liegt es an der "inneren Führung" durch ihre "Offiziere", das Weihe- und Amtspriestertum. Die radikale Erneuerung, dieser "inneren Führung" ist die wichtigste Voraussetzung für die Verbesserung und Verstärkung der "Schlagkraft der Heils-Armee". Hier ansetzen in Zeiten der Krise ist die allen Erfolg versprechende Therapie für die kranken Glieder am geheimnisvollen Leibe Christi, in welchem Bild wir das Wesen der Kirche mit Paulus noch tiefer erfassen. Diese Wurzelbehandlung beseitigt nicht nur Krankheitserscheinungen, sondern die tiefsten Krankheitsursachen. In diesem Sinne kann man wirklich sagen: "Omne bonum a bono clero!" - "Alles Gute kommt vom guten Klerus", d.h. von einem Amtspriestertum nach dem Herzen Gottes. Dieser durch tausendfache Erfahrung der Kirchengeschichte erhärtete Satz drückt eine Tatsache aus, die dem gottgewollten Priestertum zur Ehre gereicht, so, daß H. St. Chamberlain, der Verfasser der "Grundlagen des 19. Jahrhunderts" in "Mensch und Gott" schreibt: "Kein Beruf hat so viele Helden und Heilige hervorgebracht wie der geistliche; edelgeartete Männer werden durch ihn gleichsam aus der Zeitlichkeit losgelöst und wirken schon hier auf Erden sub specie aeternitatis = unter dem Zeichen der Ewigkeit. Die Summe von Selbstaufopferung, von Hingebung in Werken der Barmherzigkeit, die täglich seit 2000 Jahren in Gehorsam gegen die Gebote des Christenheilandes dargebracht wird, läßt sich gar nicht ermessen. Beklagenswert ist es, daß gar manche Menschen hiervon keine Ahnung zu haben scheinen und daher ungerecht über den geistlichen Stand urteilen! Die in dem Satz: "Alles Gute kommt vom guten Klerus" ausgedrückte Tatsache - das sollte man mehr den gegen das Gebot der Hoffnung fehlenden Christen sagen - erhellt in trostvoller Weise selbt den dunklen Horizont einer rückläufigen Bewegung oder gar skandalösen Abfallsperiode in Teilen der Kirche, die ja aus fehlbaren Menschen besteht.

Ein typisches Beispiel soll nun das oben Gesagte illustrieren, nämlich das kirchliche Reformwerk des hl. Papstes Pius X., das er schon als Bischof begann. 1885 wurde ihm, Josef Sarto, dem Sohn eines Postboten, das schwer zu pastorierende Bistum Mantua übertragen. Sarto fand folgende Lage vor: es herrschte ein großer Priestermangel, denn mehr als ein Jahrzehnt war das Seminar von Mantua infolge antiklerikaler politischer Strömungen geschlossen gewesen; die wenigen vorhandenen Priester aber waren auf kirchenpolitischem Gebiet uneins, was mich an ein wahres Wort der stigmatisierten Resl Neumann vom Jahre 1930 erinnert: "Es gibt in Deutschland drei Feinde der katholischen Kirche: die Freimaurerei, der Kommunismus und - und das ist, so sagte sie mir, der schlimmste Feind - die Uneinigkeit im Klerus!" Viele Pfarreien im Bistum Mantua waren ohne Hirten; es fehlte weitgehend an Priesterberufen; der Glaube des Volkes war erschüttert, denn der neu auftretende, von der Loge als Vorspann benutzte Marxismus hetzte systematisch gegen die katholische Kirche, indem er ihr allein alle sozialen Mißstände in die Schuhe schob, nicht jenen liberalen Ausbeutern des Volkes, mit denen er gegen die Kirche Arm in Arm ging. Es gab damals auch vorbildliche Priester in der Diözese Mantua. Aber diese waren durch Arbeit überlastet, weil ihnen Hilfskräfte fehlten. Zwei der oberhirtlichen Vorgänger Sartos, darunter einer der gelehrtesten Bischöfe Italiens, Bischof Rota, brachen unter der Last der Schwierigkeiten zusammen. In solch verwahrlosten Weizenacker konnte der Feind mit vollen Händen Unkraut säen. Sartos Scharfblick war sofort im Bilde und entschlossen, das Übel bei der Wurzel zu packen. Am 5.7.1885 richtete er einen erschüttenden, wie mit Herzblut geschriebenen Brief an Klerus und Volk des Inhaltes:
"Um das Priesterseminar kreisen meine Gedanken, ihm gehört meine Liebe, denn die Erziehung des Klerus ist der Lebensnerv der Diözese und das Wesentlichste, was ein Bischof zu leisten hat. Liebt das Seminar! Dann wird der Wunsch eures Bischofs, dem Institut der Priestererziehung in Mantua zu neuem Blut zu verhelfen, Befehl zu Tat sein! Das allein wird schon genügen, Wunder zu vollbringen!"
Dieser eindringliche Aufruf zum Opfer für die Pflanzstätte des Priestertums verhallte nicht ungehört: die ganze Diözese sandte so reichliche Gaben, daß das Seminar in weniger als einem Jahr 147 Kandidaten des Priestertums aufnehmen konnte.
Danach führte Sarto ein Bildungs- und Erziehungsprogramm für die Seminaristen durch, das allen Anforderungen an eine ideale Ausbildung entsprach und dessen Verwirklichung gesichert war durch sorgfältigste Berufsberatung und -auswahl, durch strenge Seminar- und Selbstdisziplin unter der Leitung eines geistesmächigen und erfahrenen Spirituals, durch gründliches Studium zu tiefer Durchdringung des Stoffes, abfragbarem Wissen und großer Schlagfertigkeit in der Diskussion; durch spezielles Studium der "gewaltigen Denkarbeit des Hl. Thomas von Aquin", wie der protestantische Alfred Kröner-Verlag, Leipzig, die "Summe theologica" des scharfsinnigen Dominikaners nannte und deren gründlicher Kenner der Bischof Sarto selber war; vor allem aber durch die Berufung von Theologieprofessoren, die "chemisch rein" katholisch waren, d.h. nicht infiziert von dem damals schon schleichenden Gift des Modernismus, den Sarto schon in Mantua bekämpfte, geschweige als Papst Pius X. und von dem dieser in seiner berühmten, die Irrlehrer demaskierenden Enzyklika "Pascendi Dominici gregis" schrieb: "Wir mußten klarstellen, daß es sich bei der Lehre der Modernisten nicht um einzelne und zusammenhanglose Irrtümer handelt, sondern um ein eigentliches, gut geordnetes System von Irrtümern, von denen einer aus dem andern gefolgert wird... Doch überblickt man das ganze System, so wird man sich nicht wundern, wenn wir den Modernismus 'die Zusammenfassung und die Synthese aller Häresien' nennen! Hätte sich jemand Mühe gemacht, alle Irrtümer zusammenzustellen, die im Laufe der Jahrhunderte entstanden, um sie in einen einzigen zusammenzufassen, hätte er es nicht besser machen können als die Modernisten, die nicht nur die katholische Religion zerstören - wie man gesagt hat -, sondern jede Religion! Deshalb begrüßen der Rationalismus und der Unglaube den Modernismus als ihren treuesten Helfer!" -
Sarto aber führte keinen "Ohne-mich-Plan" durch, sondern übernahm zu all seinen Sorgen als Oberhirt noch das Rektorat der katholischen Akademie und dozierte selber in Dogmatik, Moral und Gregorianik. Auch begnügte er sich nicht mit den Professorenberichten über die Leistung der Seminaristen, sondern machte öfter Blitzprüfungen und übernahm grundsätzlich den Vorsitz bei den großen Examen. Schon auf diese Weise, geschweige durch seine priesterlich-väterliche Art, unterhielt er dauernden Kontakt mit jedem einzelnen Seminaristen, zu gründlicher Aussprache bei allen Schwierigkeiten.
Durch diese Maßnahmen hatte Sarto eine "Sturzwelle der Erneuerung" in seinem Bistum ausgelöst, wie einer seiner Seminaristen bezeugte, der später selber Bischof von Mantua wurde.

Pfarrer Josef Stohldreyer, Oberhausen

Dem ZEICHEN MARIENS zum Geleit

I.

Wenn eine Lawine den Talboden erreicht, hat sie die größte Kraft, aber sie läuft sich dann rasch zu Ende. So ist es auch mit dem Reformismus in unseren Tagen. Mit dem Ende des 2. Vatikanischen Konzils kam die durch Johannes XXIII. ausgelöste Lawine des Reformismus auf dem Talboden des kirchlichen Lebens an; seitdem verliert sie an Volumen und Kraft.
Was ist geschehen? Kräfte, die bereits unter Pius XII., wenn auch im Verborgenen, am Werk waren, kamen mit der Einberufung des Konzils und vor allem infolge des Verlaufs der Konzilssessionen in Freiheit und rissen die Führung in der Kirche an sich. Zwar konnten sie ihren häretischen Geist nicht in den Konzilsbeschlüssen, wie der Heilige Vater sie billigte, niederschlagen; und darin erkennt man das Wirken des Heiligen Geistes. Aber sie betrachen dieses Konzil auch nur als eine erste Öffnung; es brachte ihnen die Vorherrschaft vor den konservativen Kräften; und nun vesuchen sie durch einseitige Interpretation den Geist der Beschlüsse des 2. Vatikanischen Konzils zu verfälschen. Ja, viele von ihnen gehen entschlossen über ihre eigenen Positionen während des Konzils hinaus und versuchen eine nachkonziliäre Kirche zu verwirklichen, die in entscheidenden Lehrstücken mit der einen heiligen katholischen und apostolischen Kirche nichts Gemeinsames mehr hat.
Dieser Geist des konziliären und nachkonziliären Reformismus herrscht heute universell in der römisch-katholischen Kirche vor. Wollte man nach dem urteilen, was sich heute ausspricht und auswirkt, so müßte man sagen: die alte katholische Kirche ist im Untergang begriffen.


II.

Aber so ist es nur scheinbar. so ungeheurlich und schmerzlich die Manifestationen des Unglaubens und der Verspottung des Gottessohnes in seiner Kirche sind - alle diese Vorkommnisse dürfen unseren Blick nicht trüben und uns von einer klaren Analyse der Dinge nicht abhalten.
Der Reformismus hat in Wirklichkeit nicht gesiegt. Die Gründe für diese Behauptung, die den meisten Lesern zunächst höchst erstaunlich vorkommen mag, sind diese:
1. Der Reformismus, der sich vor allem auf wissenschaftliche Einsichten beruft, hat in Wahrheit keine wissenschaftliche Basis. Zwar hat man die scholastischen Grundlagen der kirchlichen Lehre preisgegeben; an ihre Stelle aber werden nur Totgeburten gesetzt. Heideggeranismus, Teilhards Evolutionismus und Bultmannismus sind wissenschaftlich gleicherweise erledigt. Die Unhaltbarkeit dieser Konzeptionen ist im Gebiete der eigentlichen Philosophie und Wissenschaft nicht mehr verborgen. Der verwesende Leichnam dieser pseudowissenschaftlichen Positionen ist nur noch nicht hinweggeräumt. Die Führer der Reformisten auf dem Gebiet der Wissenschaft sind bereits widerlegt und abgewiesen. Ein Rahner, Küng, Metz, Teilhard de Chardin und wie sie alle heißen mögen haben ihre Unwissenschaftlichkeit klar enthüllt und vermögen ihre Positionen nicht zu halten.
2. Der Reformismus ist sich zwar in der Bekämpfung der ewigen katholischen Wahrheit einig, aber in sich zutiefst uneins. Die einen tendieren unverhohlen zum Materialismus, die anderen zu einem substanzlosen Liberalismus, wieder andere zu einer existenzialistischen Seinslehre. Nachdem die Reformer die Herrschaft in der Kirche an sich gerissen haben, wird diese Uneinigkeit immer mehr zutage treten, und man wird das Schauspiel erleben, wie sie sich selbst zerfleischen.
3. Die Heiligen in der Kirche und das einfache gläubige Volk lehnen den Reformismus ab. Sie sind mit uns und nicht mit den Modernisten. Das Volk hält wie eh und je an der Verehrung heilgmäßiger Männer, wie Pater Pio, fest. Das einfache Volk, das die Schule des Lebens und der Leiden kennt, setzt wie zu allen Zeiten seine Hoffnung nicht auf die "aufgeklärten" Theologen und die Hierarchie, sondern auf die Heiligen, allen voran auf die Gottesmutter, und darauf, daß Gott selbst sein Volk leiten und in dieser furchtbaren Notlage zu ihm sprechen wird.
Ein Haus, wie das des Reformismus, das keine haltbare Grundlage hat, in sich uneins ist und der Heiligkeit, dieser bleibenden Weseneseigenschaft der wahren Kirche, so völlig entbehrt, wird keinen Bestand haben. Der Reformismus ist weder katholisch (sondern häretisch) noch eins (sondern zersplittert), noch heilig (sondern weltllich-blasphemisch). Er ist auch nur scheinbar apostolisch. Noch ist der Helige Vater kein Reformer, noch gibt es treue Bischöfe, die über die Rechtgläubigkeit der Kirche wachen. Und wir haben die Verheißung des Herrn, daß die Pforten der Hölle die wahre Kirche nicht überwältigen werden.
Wenn die Lage allen aussichtlos erscheint, wird Gott selber die Geschicke seiner Kirche lenken. Der heute triumphierende Reformismus wird jedenfalls nicht bleiben; er wird rasch zerfallen, und man wird sich in hundert Jahren ebenso darüber wundern, wie man sich heute über die unerwartete Ausbreitung und die Erfolge des Arianismus im vierten Jahrhundert unserer Zeitrechnung wundern muß. Gerade in diesem Augenblick, wo die Reformisten den vollen Sieg errungen zu haben scheinen, beginnt ihr Verfall. Sie leben nur von dem Schritt nach vorne; aber sie sind an der Grenze angekommen, wo sie die definierte Lehre der Kirche selbst leugnen müssen; und viele von ihnen tun es bereits. Auf ihren Voraussetzungen kann niemand ein wahrhaft religiöses Leben aufbauen; und darum müssen sie die gläubigen früher oder später verlieren.


III.

Was ist angesichts dieser Situation zu tun? Das erste Gebot ist, sich nicht verwirren zu lassen, ruhig und fest zu bleiben. So gewaltig scheinbar der Erfolg der Reformisten ist, sie sind bereits tot. Früher oder später wird die Vernunft siegen. Im Gebiete der Wissenschaft ist ihre Pseudowissenschaftlichkeit für alle sichtbar zu entlarven; im Gebiete der Religion muß durch die Realität das Absurde ihrer Lebenshaltung demonstriert werden. Die Menschen werden trotz der wohlklingenden Phrasen der Reformer weiterhin lebendige Lebenserfahrungen machen. Durch diese werden ihnen die Augen für die Unsinnigkeit des Reformismus geöffnet werden; sie werden die Reformer stehenlassen und ihren wahrhaft religiösen Weg gehen. Die Religion als solche stirbt nicht aus; Religion ist ein unaufhebbares ewiges Anliegen der Menschen. Unsere Aufgabe als Gegner des Reformismus ist eine doppelte. Wir müssen Wahrer des religiöses Lebens in der Kirche sein. Wir müssen an der wissenschaftlichen Überwindung der rückständigen Pseudowissenschaft und -theologie der Reformisten arbeiten. Wenn wir nur festbleiben und überall Gruppen bilden, die unnachgiebig im unveränderten katholischen Glauben verharren; wenn wir anderseit ehrlich an einer wissenschaftlichen Erhellung des Christentums, das die Erkenntnis der Wahrheit nicht zu fürchten braucht, arbeiten, werden wir zu seiner Zeit erleben, wie der stolze und scheinbar so mächtige Koloß des Reformismus zusammenstürzt. Dann wird auch diese Entwicklung ihre Früchte tragen. Wir werden die Kirche nicht mehr für etwas Selbstverständliches halten, sondern sie mit vollem Bewußtsein und Willen als Wirklickeit im Gegensatze zur Welt, die sie haßt, realisieren.
Darüber hinaus müssen wir vertrauen, daß Got es nicht zuläßt, daß der Felsen Petri vom Reformismus überwältigt wird. Der Herr hat der Kirche die Verheißung gegeben, daß sie nicht der Hölle verfallen wird. Wir müssen einfach daran glauben und darauf hoffen, daß der Herr Sein Wort erfüllt. Und Er erfüllt es. Denn Er hat uns in dieser schweren Zeit nicht nur nicht in der höchsten kirchlichen Autorität, dem Heiligen Vater, im Stiche gelassen, er hat uns durch Maria eine prophetische Leitung gegeben, wie das Gottesvolk sie seit dem Alten Bunde nicht mehr gekannt hat. Wo die Gefahr ins Unermeßliche wächst, da ist auch die Hilfe größer und näher. Seit La Salette hat der Herr uns durch Seine heilige Mutter die Perspektive dieses Endkampfes enthüllt und uns die Rettungsmittel gewiesen. Stellen wir uns also alle unter Seine nunmehr wieder unmittebare Führung, unter das Zeichen Mariens.

Univ.-Professor Reinhard Lauth

Der Wahn von der Vollendung auf der Erde

Entwicklung ist der Welt von heute alles. Nur vorwärts, unaufhaltsam Neues wollen, suchen, fordern, weg von der Vergangenheit, sich treiben lassen von dem Strom der Zeit und stürzen in den Wahn von der Vollendung auf der Erde: - was andres ist es als bauen an dem neuen Babel, an Gottes Statt den Götzen Mensch zu setzen? Wen möchte nicht, hält er ein wenig inne auf dem Weg, vor solchem Ende grauen?

HH Prof. Albert Drexel in "Bekenntnis"