Wenn wir den hl. Papst Pius X. als besonderen Patron dieser Zeitschrift gewählt haben, dann aus offensichtlichen und wichtigen Gründen. Josef Melchior Sarto, wie sein bürgerlicher Name lautete, war ja jener als letzter heiliggesprochene Papst, der in so kompromißloser Weise gegen den Modernismus in Wort und Schrift kämpfte. Ihm verdankt es die katholische Kirche zur Hauptsache, daß sie nicht damals um die letzte Jahrhundertwende schon diesem Gift aller Gifte erlag, was heute, und namentlich seit dem II. Vatikanischen Konzil hochprozentig der Fall ist. Vielen Theologen und Priestern und Laien ist dieser Papst heute ein Dorn im Auge, unangenehm. Man wünschte, er hätte nie auf dem Stuhle Petri gesessen. Man spricht kaum mehr von ihm oder höchstens schlecht. Und doch kann kein vernünftig denkender und seelisch rechtschaffener Katholik daran zweifeln, daß dieser heilige und unvergeßliche Stellvertreter Christi mit seinem Rundbrief gegen den Modernismus damals schon Dinge aussagte, die uns in unserer Zeit die hervorragendste Analyse gerade unserer Gegenwart, der jetzigen Situation in der Kirche, bedeuten. Wo sind die Streiter gegen den Modernismus unter der Fahne Pius X.? Es gibt ihrer nur noch verschwindend wenige. Der Hauptharst steht heute auf jener Seite, gegen die sich Pius X. vor 60 Jahren entschieden gestellt hatte.
Wir geben hiernach aufklärungshalber den ersten, wichigsten Teil der Enzyklika "Pascendi dominici gregis" Papst Pius X. vom 8. September 1907 wieder, die, wie Sie gleich feststellen, für uns auch heute noch die allergrößte Bedeutung und Gültigkeit besitzt.
Ehrwürdige Brüder! Gruß und Apostolischen Segen.
Das Amt, welches Uns von Gott übertragen worden, die Herde des Herrn zu weiden, hat vor allem als Aufgabe von Christus zugewiesen erhalten, daß es den Schatz des überlieferten heiligen Glaubens aufs sorgfältigste hüte und profane Neuerungen und Einwendungen der sog. Wissenschaft zurückweise. Zu jeder Zeit ist diese Sorge des obersten Hirten dem katholischen Volke notwendig gewesen; denn dank dem Feinde des Menschengeschlechtes hat es niemals an Leuten gefehlt, "die da Verkehrtes reden", an solchen, "die mit ihren nichtigen Reden zu Verführern werden", an "betrogenen Betrügern". Aber man kann es nicht leugnen, in der letzten Zeit ist die Zahl der Feinde des Kreuzes Christi nur allzusehr gewachsen. Mit neuen, hinterlistigen Kunstgriffen suchen sie die Lebenskraft der Kirche zu brechen und, wenn sie nur könnten, das Reich Christi selbst von Grund aus zu vernichten. Darum dürfen Wir nicht länger schweigen, damit Wir nicht Unserer heiligsten Aufgabe untreu werden und man nicht die Milde, welche Wir bisher walten ließen, in der Hoffnung, man werde sich eines Besseren besinnen, Uns als Pflichtvergessenheit auslege. Wir sind aber gezwungen, nicht länger zu zögern, weil sich die Verfechter jener Irrtümer bereits nicht mehr ausschließlich unter den offenen Feinden finden; nein, zu Unserem größten Schmerze und zu Unserer Beschämung müssen Wir es sagen, am Busen und im Schoße der Kirche lauern sie und sind um so gefährlicher, je weniger man sie kennt. - Wir meinen, Ehrwürdige Brüder, viele aus der katholischen Laienwelt, ja was noch viel schlimmer ist, sogar aus den Reihen des Klerus, die unter dem Deckmantel der Liebe zur Kirche, ohne die Grundlage einer soliden Philosophie und Theologie, ja angesteckt von dem Gifte der Lehren, wie sie die Feinde der Kirche vortragen, alle Bescheidenheit beiseite setzend, sich zu Reformatoren der Kirche aufwerfen; kühn schließen sie ihre Reihen zusammen, greifen das Heiligste an Christi Werk an und schonen dabei nicht einmal die göttliche Person des Erlösers selbst, den sie in blasphemischer Frechtheit zu einem bloßen armseligen Menschen herabdrücken.
Mögen diese Leute sich wundern, wenn Wir sie zu den Feinden der Kirche rechnen; über das Innere ihres Herzens richtet freilich Gott allein; aber wer ihre Lehren, ihre Rede- und Handlungsweise kennt, der kann sich darüber nicht wundern. Ja, es ist nur zu wahr, sie sind schlimmer als alle andern Feinde der Kirche. Denn nicht außerhalb, sondern, wie gesagt, in der Kirche selbst schmieden sie ihre Pläne zum Verderben der Kirche; im Blute der Kirche, in ihrem tiefsten Innern, steckt die Gefahr, und der Schaden ist um so sicherer, je besser sie die Kirche kennen. Dazu kommt, daß sie nicht an Äste und Zweige, sondern an die Wurzel ihre Hand anlegen, an den Glauben und an die tiefsten Fasern des Glaubens. Ist aber einmal diese Wurzel des Lebens getroffen, dann werden sie das Gift durch den ganzen Baum verbreiten; kein Stück der katholischen Wahrheit werden sie dann unberührt, keines unverdreht lassen wollen. Auf tausenderlei Art wissen sie zu schaden; aber dabei sind sie äußerst gewandt und schlau. Abwechselnd spielen sie die Rolle des Rationalisten und des Katholiken mit solcher Fertigkeit, daß sie jeden Harmlosen mit Leichtigkeit zu ihrem Irrtum herüberziehen. Auch läßt ihre Verwegenheit sie vor keinen Konsequenzen zurückschrecken; mit frecher Stirn und kaltem Blute drängen sie sogar zu denselben. Dazu kommt bei ihnen noch ein äußerst tätiges Leben, eine ständige, eifrige Beschäftigung mit gelehrten Arbeiten aller Art und meist eine zur Schau getragene Sittenstreng, was alles um so leichter über sie täuschen kann. Schließlich haben ihre Fachstudien sie dahin gebracht, daß sie keine Autorität mehr anerkennen, sich keine Bechränkung mehr wollen gefallen lassen; so haben sie ihr eigenes Gewissen getäuscht und möchten das Wahrheitsdrang nennen, was in Wirklichkeit nur Stolz und Hartnäckigkeit ist: da sollte man fast an jedem Heilmittel verzweifeln. - Wir hatten gehofft, daß Wir diese Männer doch noch einmal zur Besinnung bringen könnten; darum haben Wir sie zuerst mit väterlicher Milde behandelt, dann auch mit Strenge, und sahen uns schließlich gezwungen, öffentlich gegen sie einzuschreiten. Ihr wißt, Ehrwürdige Brüder, daß alles vergebens war: kaum hatten sie für den Augenblick den Nacken gebeugt, bald erhoben sie ihn wieder mit um so größerer Kühnheit. Handelte es sich bloß um sie, so könnte man das vielleicht gehen lassen; aber der katholische Glaaube selbst ist gefährdet. Länger schweigen wäre Sünde; Wir müssen reden. Wir müssen ihnen vor der ganzen Kirche die Maske herunterreißen, die ihr wahres Wesen nur halb verhüllt.
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